Die US-Notenbank Federal Reserve hat ihren Leitzins – wie von einigen Analystenhäusern (JPMorgan, Goldman Sachs, Citigroup) erwartet – deutlich angehoben. Konkret erhöhte sie die Spanne um 75 Basispunkte auf nun 1,50 bis 1,75 Prozent. Es ist der größte Zinsschritt seit 1994. Und: Die US-Währungshüter heben die Inflationsprognosen und senken zugleich die Wachstumsprognosen.
Dieser aktuelle Zinsschritt ist die dritte Erhöhung (Anm. der Red.: Die Fed erhöhte bereits im März um 25 und im Mai um 50 Basispunkte) des Leitzinses seit dem Beginn der Coronavirus-Pandemie und zugleich der größte Zinsschritt seit fast 30 Jahren. Für gewöhnlich zieht es die US-Notenbank vor, den Leitzins in Schritten von 0,25 Prozentpunkten anzuheben.
Manche Analysten hatten aufgrund jüngster Daten zur anhaltend hohen Teuerungsrate in den vergangenen Tagen aber bereits gemutmaßt, dass die Fed die Märkte mit einer Erhöhung um 0,75 Prozentpunkte überraschen könnte. An den Finanzmärkten war eine Anhebung um einen dreiviertel Punkt eingepreist. "Erwarten Sie jedoch nicht, dass 75-Basispunkt-Anhebungen üblich werden", sagte Powell nach der Zinssitzung der Fed vor der Presse in Washington. Die künftigen Zinsschritte hingen von der konjunkturellen Lage ab. Auf der nächsten Sitzung im Juli sei mit einer Anhebung um einen halben Prozentpunkt oder aber erneut 0,75 Punkte zu rechnen.
Zudem wird die US-Notenbank Fed ihre Leitzinsen vermutlich wesentlich deutlicher anheben als bisher geplant. Der Leitzins dürfte Ende 2022 bei etwa 3,4 Prozent liegen, wie aus neuen Projektionen hervorgeht. Bisher hatte die Schätzung bei 1,9 Prozent gelegen. Ende 2023 wird ein Leitzins von 3,8 erwartet, nachdem bislang ein Zins von 2,8 Prozent prognostiziert wurde. Ende 2024 wird der Leitzins bei etwa 3,4 Prozent gesehen. Auch diese Erwartung liegt deutlich höher als die bisherige.
Die Fed sagt außerdem in diesem Jahr ein deutlich geringeres Wirtschaftswachstum als noch vor drei Monaten angenommen voraus. Das US-BIP der soll demnach um 1,7 Prozent wachsen – 1,1 Prozentpunkte weniger als noch im März prognostiziert. Die Fed rechnet im laufenden Jahr auch mit einer höheren Inflationsrate als zuvor angenommen. Diese Teuerungsrate soll trotz der geplanten Erhöhungen 2022 durchschnittlich bei 5,2 Prozent liegen. Aus Sicht von Notenbank-Chef Jerome Powell sei die " langfristige neutrale Rate in der Mitte des 2-Prozent-Bereichs".
Das Dilemma der Fed: Die Teuerungsrate (8,6 Prozent im Mai) ist so hoch wie seit rund vier Jahrzehnten nicht mehr, was die Kaufkraft der Verbraucher schmälert. Die Fed setzt zur Eindämmung der Inflation auf Erhöhungen des Leitzinses. Dadurch verteuern sich Kredite, was die Nachfrage ausbremst. Das hilft dabei, die Inflationsrate zu senken, schwächt aber zugleich das Wirtschaftswachstum.
(Mit Material von dpa-AfX)