In der Türkei kommt es am heutigen Mittwoch an den Finanzmärkten zu massiven Turbulenzen. Der Haftbefehl gegen einen wichtigen Kontrahenten von Staatschef Recep Tayyip Erdoğan lässt die Aktienkurse an der Börse in Istanbul einbrechen, auch die Anleihekurse gehen auf Talfahrt. Die Landeswährung Lira sackt zum US-Dollar zwischenzeitlich um fast zehn Prozent ab.
Die Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu, ein starker Widersacher von Erdoğan, sorgt bei internationalen Investoren am Mittwoch für große Verunsicherung. Die türkische Lira verliert am Morgen massiv an Wert. Zeitweilig musste mehr als 40 Lira für einen US-Dollar gezahlt werden. Bis zum Mittag hat sich das Minus nach Interventionen am Devisenmarkt etwas abgeschwächt. Zuletzt kostete ein US-Dollar 38 Lira. Umgekehrt ist eine Lira nur noch gut zweieinhalb US-Cent wert. Laut Bloomberg verkauften Händler rund acht Milliarden Dollar, um die Lira zu stützen.
Die türkische Zentralbank hat in den vergangenen Jahren immer wieder am Devisenmarkt eingegriffen, um die Lira zu stützen. Geholfen hat es nur kurzfristig. Zum Vergleich: Im Jahr 2018 stand die Lira noch bei 0,20 Dollar.

Der Leitindex der Istanbuler Aktienbörse BIST fiel am Mittwoch um mehr als sieben Prozent (siehe Chart) so stark wie zuletzt vor gut sieben Monaten. Der Teil-Index für die dortigen Bank-Werte stürzte sogar um mehr als neun Prozent ab. Das war das größte Minus seit zwei Jahren.
"In den vergangenen Tagen war an der türkischen Börse ein Zufluss ausländischen Kapitals zu beobachten", zitiert die Schweizer Zeitung Finanz und Wirtschaft Serhat Baskurt. Der Manager beim Vermögensverwalter ALB Yatirim glaubt, dass sich diese Anleger wegen der politisch unsicheren Lage nun wieder zurückziehen. Die Talfahrt der türkischen Börsen werde voraussichtlich noch einige Tage anhalten.

Die Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters untergräbt das Vertrauen der Anleger. Ihnen werde nun erneut in Erinnerung gerufen, dass der Präsident seine Macht festigen will. Erdogan versucht mit der Festnahme seinen größten politischen Rivalen daran zu hindern, bei den für 2028 anstehenden Präsidentschaftswahlen zu kandidieren.
Die Behörden werfen İmamoğlu die Führung einer kriminellen Vereinigung, Bestechung, Manipulation von Ausschreibungen und die Unterstützung einer terroristischen Organisation vor. Seine Partei CHP sprach von einem versuchten Staatsstreich. Die Bundesregierung hat die Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters und zahlreicher weiterer Menschen als schweren Rückschlag für die Demokratie in der Türkei kritisiert.