Die EU-Staaten sind wider Erwarten beim Gipfel für das Riesen-Finanz- und Krisenpaket auf einem guten Weg. An den Börsen sollte es in der neuen Woche auch mit weiteren, besser als befürchtet ausfallenden Quartalszahlen weiter aufwärts gehen. Dem DAX könnte der Sprung über die 13.000-Punkte-Marke gelingen. Ein Wochenausblick.
Nachdem ein erster Versuch, die runde Marke zu knacken, knapp scheiterte, sollte es kurzfristig klappen. Ob der Sprung darüber aber auch nachhaltig gelingt, dürfte auch vom Ausgang des Sondergipfels der Europäischen Union (EU) zur Corona-Krisenbekämpfung am Wochenende abhängen.
Am Samstag haben die EU-Staaten auf dem Weg zum europäischen Milliardenpaket gegen die Corona-Krise Fortschritte gemacht. Mit einem neuen Verhandlungsvorschlag brachte Ratschef Charles Michel beim Sondergipfel in Brüssel Bewegung in den bis dahin festgefahrenen Streit. "Die Dinge laufen in die richtige Richtung", sagte auch Österreich Kanzler Sebastian Kurz am Nachmittag. Das Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den anderen Staats- und Regierungschefs in Brüssel wurde am späten Samstagabend zunächst unterbrochen und soll am Sonntagmittag fortgesetzt werden.
Der deutsche Leitindex DAX war am Freitag bei 12.919 Punkten ins Wochenende gegangen und fuhr damit ein Wochenplus von 2,3 Prozent ein. Es ist zugleich sein dritter Wochengewinn in Folge.
Der Index der mittelgroßen Werte MDAX gab am Freitag um 0,5 Prozent auf 26.937 Zähler nach. Verluste bei Schwergewichten wie Airbus, Symrise, Sartorius, Zalando und auch HelloFresh belasteten. Der MDAX verteidigte jedoch ein Wochenplus von einem Prozent.
In der neuen Woche ist Rückenwind im Zuge der Unternehmensberichterstattung möglich. Zwar nimmt die Berichtssaison zunächst erst einmal in den USA weiter an Fahrt auf (z.B. IBM, Coca-Cola, Microsoft, Tesla, AT&T und Intel) und vereinzelt sind Quartalszahlen europäischer Konzerne angekündigt, doch in jüngster Zeit stieg hierzulande die Zahl vorab veröffentlichter, überraschender Unternehmensbilanzen. Dieser Trend könnte andauern. Konjunkturdaten indes gibt es in der anstehenden Woche eher wenige.
China und Corona im Blick
"Weitere Neuigkeiten zum Handelskonflikt zwischen China und den USA sowie zur Zahl der Corona-Neuinfektionen dürften dem DAX zusätzlich Impulse in die eine oder andere Richtung liefern", erwartet Marktexperte Andreas Lipkow von der Comdirect Bank. Er rechnet daher alles in allem mit einer "atypisch spannenden Sommerwoche" für den Aktienmarkt.
Der Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, der am Freitag in Brüssel begonnen hat, verlief zunächst zäh. Direkt am ersten Gipfeltag hatten sich die Verhandlungen der 27 Staaten völlig verhakt. Beim Abendessen verkeilten sich die Verhandlungen dann laut Diplomaten über den geplanten Rechtsstaatsmechanismus. Ungarn und Polen lehnten es partout ab, die Auszahlung des EU-Gelds künftig an die Einhaltung rechtsstaatlicher Standards zu knüpfen. Mit einem neuen Kompromissvorschlag hatte Michel am Samstag dann aber Bewegung in die Beratungen gebracht.
Dennoch: Kanzlerin Merkel hält ein Scheitern des EU-Sondergipfels für das geplante Milliarden-Wiederaufbaupaket in der Corona-Krise trotz tagelanger Beratungen weiter für möglich.
"Zwischen den Südstaaten und den sparsamen Vier - Österreich, Schweden, Dänemark und den Niederlanden - gehen die Meinungen weiterhin stark auseinander", begründete Analyst Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners die Skepsis. Ein Scheitern wäre nach Altmanns Worten ein "verheerendes Signal", denn der Wiederaufbaufonds sei längst in die Kurse eingepreist.
Langsam startet Berichtssaison auch in Deutschland
Unternehmensseitig stehen hierzulande offiziell nur der Autobauer Daimler und der Kunststoff-Hersteller Covestro mit endgültigen Quartalszahlen auf der Agenda. Beide haben ihren detaillierten Bericht für Donnerstag angekündigt, und mit Spannung dürfte bei beiden auf Aussagen zum weiteren Jahresverlauf gewartet werden. Daimlers Eckdaten hatten ja bereits am vergangenen Freitag positiv überrascht.
Zudem wird am selben Tag auch der Maschinenbauer für die Chipindustrie Aixtron Zahlen vorlegen. Vorher, am Mittwoch, wird die Software AG berichten. Den Experten der Schweizer Bank UBS zufolge sollte auch bei den Darmstädtern der Ausblick von besonderem Interesse sein. Da die Zukunftssicht hinein ins zweite Halbjahr schlecht gewesen sei, stehe nun die Frage im Vordergrund, ob die Jahresziele aufrecht erhalten werden, schreiben sie.
Nicht viel Konjunkturdaten erwartet
Unter den Konjunkturdaten dürften die Einkaufsmanager-Indizes für den Monat Juli des Datendienstes Markit am Freitag spannend sein, "vor allem diejenigen für Deutschland und den Euroraum", so LBBW-Stratege Klumpp. "Beide dürften wieder näher an die Expansionsschwelle heranrücken beziehungsweise im Falle des Euroraums sogar überschreiten", erwartet er. Zugleich sollte das Tempo der Erholung laut Commerzbank-Analyst Christoph Weil aber nachgelassen haben.
Einen Tag zuvor dürfte das deutsche Konsumklima Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Hierzu schreibt Analyst Stefan Mütze von der Landesbank Helaba: "Die Wirtschaftsindikatoren der letzten beiden Monate haben überwiegend signalisiert, dass die schwere Corona-Rezession allmählich überwunden wird. Dies sollte sich in der Berichtswoche mit einem Anstieg des Konsumklimas in der Eurozone und dem GfK-Konsumklima für Deutschland fortsetzen." (Mit Material von dpa-AFX)