Die Chancen auf einen Wahlsieg von Donald Trump sind zuletzt gestiegen – und mit ihnen auch die Kurse am Kryptomarkt.
Die US-Amerikaner sind nicht unbedingt zu beneiden: Wenn sie im November einen neuen Präsidenten wählen, haben sie – Stand heute – die Wahl zwischen dem 81-jährigen Amtsinhaber Joe Biden, der spätestens mit seinem Auftritt beim ersten TV-Duell Ende Juni große Zweifel an seiner geistigen Fitness geweckt hat, und Donald Trump, einem verurteilten Straftäter mit einem zumindest fragwürdigen Demokratieverständnis. Bislang sah es dabei – wie so oft in einem Zweiparteiensystem wie den USA – nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen aus, doch zuletzt hat sich ein klarer Favorit herauskristallisiert, und der heißt Donald Trump. Während die Demokraten nach dem verpatzten TV-Duell offen diskutierten, ob sie statt Amtsinhaber
Biden kurzfristig doch noch einen jüngeren Kandidaten ins Rennen schicken sollen, erschütterte in der Nacht auf Sonntag deutscher Zeit ein Attentat auf Donald Trump den Wahlkampf. Kurz nachdem er bei einer Veranstaltung im US-Bundesstaat Pennsylvania die Bühne betreten und mit seiner Rede begonnen hatte, fielen plötzlich Schüsse. Trump wurde getroffen, kam angesichts eines Toten und zweier Schwerverletzter allerdings noch recht glimpflich mit einer Verletzung am Ohr davon. Sekunden nach den Schüssen – während er mit blutverschmiertem Gesicht und von Bodyguards umringt von der Bühne gebracht wurde, reckte er die Faust in den mit „Stars and Stripes“ geschmückten Himmel – ein Bild, das um die Welt ging, und laut Wahlkampfbeobachtern womöglich der Moment, in dem er die Wahl vorzeitig gewonnen hat.
Die Quote für einen Wahlsieg Trumps ist auf dem Prognoseportal Polymarket daraufhin mit 72 Prozent auf einen Höchststand gesprungen. Die Wahrscheinlichkeit für einen Wahlsieg von Biden lag dort indes nur noch bei 17 Prozent.
Krypto als „Trump-Trade“
Das wiederum hat – so makaber es klingt – auch am Kryptomarkt wieder für Kursgewinne gesorgt. Bereits im Wochenendhandel zogen Bitcoin und Co nach dem Durchhänger der vergangenen Woche plötzlich wieder an. Im Wochenverlauf bauten sie die Gewinne aus. Der Grund: Von den beiden US-Präsidentschaftskandidaten gilt Donald Trump als der kryptofreundlichere. Seit Mai akzeptiert seine Kampagne auch Spenden mittels Digitalwährungen. Bei einer Wahlkampfveranstaltung Anfang Juni in San Francisco bezeichnete er sich laut Teilnehmern selbst als „Krypto-Präsident“. Und Mitte Juni traf er sich mit hochrangigen Vertretern mehrerer großer US-Bitcoin-Miningfirmen. Die Anwesenden berichteten im Nachhinein von positiven Gesprächen, bei denen Trump im Falle eines Wahlsiegs seine Unterstützung für die Branche in Aussicht gestellt hat. In einem Beitrag auf der Social-Media-Plattform Truth Social bestätigte er die Treffen, kritisierte Joe Bidens „Hass auf den Bitcoin“ und forderte, dass „alle verbliebenen Bitcoin in den USA hergestellt werden“. Praktisch ist das nicht möglich, ohne den Bitcoin zu zerstören, doch ein starkes Bekenntnis zu der Digitalwährung war es laut Branchenbeobachtern allemal.
Dass Trump vor einigen Jahren noch ganz andere Töne zum Bitcoin angeschlagen hatte – geschenkt. Er ist nicht der Erste und sicher nicht der Letzte, der seine frühere Einschätzung zu der Digitalwährung revidiert. Das beste Beispiel dafür ist MicroStrategy-Mitgründer Michael Saylor: Vor mehr als zehn Jahren äußerte er sich skeptisch zum Fortbestand der Digitalwährung, warnte vor einer Überregulierung wie beim Online-Glücksspiel. Heute ist er einer der größten Bitcoin-Bullen unter der Sonne und besitzt mit seiner Firma 226.331 Bitcoin, mehr als ein Prozent aller technisch möglichen Einheiten.
Bei Donald Trump dürfte der Sinneswandel primär aus Kalkül erfolgt sein, denn mit dem Thema sind wertvolle Stimmen und Wahlkampfmittel zu holen. Um sich in Washington Gehör zu verschaffen, hat die Kryptobranche in den USA ihre Ausgaben für Lobby-Aktivitäten zuletzt deutlich erhöht. Allein die überparteiliche Krypto-
Interessengruppe Fairshake verfügt noch über mehr als 100 Millionen Dollar.
Im Gegenzug kann die Branche im Falle eines Trump-Wahlsiegs auf klare, aber nicht zu strenge Regeln für den Umgang mit digitalen Vermögenswerten hoffen. Allzu konkrete Pläne des Präsidentschaftskandidaten in diesem Bereich sind noch nicht bekannt, doch das könnte sich ändern, wenn er am 27. Juli bei der Branchenkonferenz „Bitcoin 2024“ in Nashville, Tennessee, spricht. Seinen dortigen Auftritt hatte Trump trotz des Attentats bereits am Montag explizit bestätigt.
Viel schlimmer als unter der amtierenden Regierung kann es nach Meinung vieler Kryptofans in den USA aber ohnehin nicht werden. Die Biden-Administration habe das Thema auf die lange Bank geschoben und damit den Kreuzzug der SEC gegen die Branche zumindest begünstigt, so der Tenor. Zudem plant sie neue Steuern und Auflagen, die den Sektor belasten dürften. Die Republikaner hätten sich dagegen für Kryptowährungen ausgesprochen, sagte Benjamin Celermajer, Chief Investment Officer bei Magnet Capital, gegenüber Bloomberg. „Die erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Trump-Präsidentschaft ist ein positiver Faktor, der dem Kryptomarkt Auftrieb gibt.“
Dieser Artikel ist in DER AKTIONÄR Nr. 30/2024 erschienen, welches Sie hier als PDF gesamt herunterladen können.
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