Auf dem Frankfurter Börsenparkett hat die Stimmung binnen weniger Tage von Himmel hoch jauchzend auf zu Tode betrübt gedreht. Die etwas hawkishen Aussagen der US-Notenbank auf der einen Seite und der drohende Rechtsruck in Europa auf der anderen haben viele Anleger verunsichert. In dieser Zeit finden positive Kommentare bei den Marktteilnehmer Gehör.
So sind die Experten bei UBS Asset Management (UBS-AM) sehr positiv für den europäischen Aktienmarkt sehr optimistisch gestimmt, gerade weil die Europäische Zentralbank erst vor Kurzem die Zinsen reduziert hat. "Die EZB senkt die Zinsen nicht als Reaktion auf eine drastische Verlangsamung des Wachstums, wie es normalerweise der Fall ist. Vielmehr erreicht die europäische Wirtschaft gerade ihren Boden und setzt zur Erholung an", sagt Evan Brown, Head of Multi-Asset Strategy bei UBS-AM. Das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone sei im ersten Quartal wieder real gewachsen, und Frühindikatoren deuteten darauf hin, dass sich das verarbeitende Gewerbe weltweit und in Europa erholen wird.
Beate Meyer, Head of Wholesale Germany bei UBS-AM, ergänzt: "Nach jahrelangen Verlusten und historischen Tiefständen sind Aktien aus Europa derzeit deutlich unterbewertet. Die von der EZB erwartete und bereits eingepreiste Zinssenkung schafft ein Umfeld, in dem ein Aufwärtstrend wahrscheinlich ist. Investoren haben nun die Möglichkeit, von einem hohen Gewinnpotenzial in Kombination mit sinkenden Zinsen zu profitieren – ein vorteilhaftes Szenario, das es in dieser Form in den vergangenen 24 Monaten nicht gegeben hat."
Anders als in den USA ist in Europa die Inflation deutlich schneller zurückgegangen. Das sei die Voraussetzung für die Zinswende gewesen. Die gesunkenen Inflationsraten wiederum ließen die europäischen Realeinkommen steigen, was den Konsum stützen dürfte. Während die europäischen Verbraucher über den gesamten Zyklus deutlich zurückhaltender als die US-amerikanischen Konsumenten waren, steigt nun wieder das Verbrauchervertrauen.
"Die Lockerung der Geldpolitik zusammen mit einer Beschleunigung des Wirtschaftswachstums ist ein geradezu einmalig positives Umfeld für europäische Risiko-Assets", sagt Brown und ergänzt: "Diese starke Kombination kommt zu einer Zeit, in der die Bewertungen europäischer Aktien im Vergleich zu globalen Aktien auf einem Rekordtief liegen." Die europäischen Kredit-Spreads seien zwar historisch eng, bieten immer noch mehr Puffer als ihre US-Pendants. Anleger könnten sich daher auf einen europäischen Sommer freuen, der im Vergleich zu anderen Regionen eine Outperformance liefern dürfte.
"Wir sind in diesem Sommer in europäischen Aktien und Kredit-Papieren übergewichtet", so Brown. Solange die Weltwirtschaft erwartungsgemäß in guter Verfassung bleibe, sollten Risiko-Assets an Wert gewinnen, selbst wenn das Tempo der geldpolitischen Lockerung langsamer ausfällt, als es sich manche wünschen würden.
Im Moment fällt einem der Glaube an einen "europäischen Aktiensommer" schwer. Doch sollte die EZB schneller die Zinsen senken als erwartet, ist das Szenario durchaus denkbar.