Bei der Diesel-Schummelei geht es um viel Geld. Beim Volkswagen-Konzern als Epizentrum des Dieselskandals wurde bekanntlich vor Kurzem ein Exempel statuiert: in Form einer eins mit neun Nullen.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat ein Bußgeld von einer Milliarde Euro gegenüber dem Konzern verhängt. Das ist eine der höchsten Geldbußen, die hierzulande je gegen ein Unternehmen ausgesprochen wurden. VW hat die Strafe auch akzeptiert, damit bleiben den Wolfsburgern nun noch knapp fünf Wochen Zeit, um die Milliarde zu überweisen. Das Geld bekommen aber nicht die VW- oder Audi-Dieselfahrer als die eigentlich Geschädigten. Nein, wenn Sie davon betroffen sind, stehen Sie auch weiterhin alleine mit Ihrem Schaden da.
Das Geld geht direkt an das Land Niedersachsen. Und da fängt der Schildbürgerstreich an. Das Land Niedersachsen ist über die Hannoversche Beteiligungsgesellschaft mbH auch Anteilseigner der Volkswagen AG mit einem Stimmrechtsanteil von 20 Prozent. Wie für einen Großaktionär üblich, bekleiden Vertreter der Landesregierung auch Aufsichtsratsposten. So sitzt insbesondere der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) seit dem 19. Februar 2013 im Kontrollgremium des VW-Konzerns.
Man muss sich das einmal vor Augen halten: Der Hauptgesellschafter und Großaktionär aus Niedersachsen, der das Management des Autobauers eigentlich kontrollieren und in die Schranken weisen soll, dabei aber wie alle anderen kläglich versagt, kann sich am Ende eine Milliarde Euro in den Landessäckel stecken – und muss dieses Geld noch nicht einmal mit den anderen Bundesländern teilen. Bußgelder zählen nicht zu den Einnahmen eines Landes, die nach dem Finanzausgleichsgesetz bei der Berechnung des Länderfinanzausgleichs zu berücksichtigen sind. Niedersachsens Haushalt wird also um eine Milliarde aufpoliert. Gerade zur rechten Zeit, denn der Landeshaushalt steuert auf ein Milliardenloch zu. Berechnungen zufolge droht bereits 2019 ein Fehlbetrag von 368 Millionen Euro, 2020 von 576 Millionen, 2021 von 774 Millionen Euro.
Der Schaden bleibt einmal mehr an denjenigen hängen, die am wenigsten dafür können: am Gros der VW-Belegschaft, die um das Image ihres Arbeitgebers fürchten muss, an den betrogenen Dieselfahrern und an den geschädigten Aktionären, die den Konzern freikaufen müssen. Niedersachsens Sozi Nummer 1 Weil kann dagegen erfreut in die Hände klatschen, seine Finanzprobleme sind ja nun erst einmal weniger brisant.
Die Aufarbeitung des Dieselskandals liest sich wie eine Erzählung von den Schildbürgern aus Schilda und zeigt einmal mehr, wie heikel das Engagement von Politikern in Aufsichtsräten ist. In der Vergangenheit sind Politiker schon wegen wesentlich kleinerer Interessenkonflikte zurückgetreten.