Europäische Aktien haben ihre Verluste seit dem Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar wettgemacht und verzeichneten am Freitag den besten Wochengewinn seit November 2020. Die Märkte preisen nun die Zinswende in den USA ein, in Europa steigt die Hoffnung auf ein baldiges Kriegsende in der Ukraine.
Der Stoxx Europe 600 Index schloss um 0,9 Prozent höher, wobei Technologie- sowie Reise- und Freizeitwerte eine überdurchschnittliche Performance zeigten. Der Index hat sich von seinem Tiefstand am 8. März um mehr als neun Prozent erholt, was auf den Optimismus im Zusammenhang mit den Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine und auf die positiven Signale der Federal Reserve über die Gesundheit der Wirtschaft zurückzuführen ist.
Euro Stoxx fällt nicht in Bärenmarkt
Am Freitag wurde berichtet, dass Russland US-Dollar transferiert hat, um die am Mittwoch fälligen Kuponzahlungen für zwei Eurobonds zu begleichen, was die Stimmung weiter aufhellte. Zuvor waren die europäischen Aktienmärkte aufgrund von Bedenken über die Auswirkungen des Krieges auf das regionale Wachstum eingebrochen, die sich zu den Sorgen über die steigende Inflation und die restriktive Politik der Zentralbanken gesellten. Der Index hat sich zwar von einem Bärenmarkt entfernt, ist aber immer noch weit von seinem Rekordhoch vom Januar entfernt, da die Sorgen über das nachlassende Wirtschaftswachstum anhalten. Eine Reihe von Strategen erwartet, dass der Stoxx 600 das Jahr wenig verändert beenden wird.
Nicht nur Geopolitik im Fokus der Anleger
„Die Anleger haben weiterhin ein Auge auf die Geopolitik, aber der Fokus richtet sich jetzt mehr auf die Margen, die Auswirkungen der Rohstoffpreise auf die Unternehmen und die erwarteten Revisionen der Schätzungen“, sagte Patrick Nielsen, stellvertretender Geschäftsführer bei Mapfre Asset Management, gegenüber Yahoo-Finance. „Wir sehen Aktien jetzt vorsichtiger, erwarten aber, dass sich die Märkte noch eine Weile in einer Spanne bewegen werden, da wir den Tiefpunkt des Rückgangs bereits gesehen haben, sofern der Krieg keine weitere negative Wendung nimmt.“
Zeichen deuten auf höhere Zinsen hin
Auch höhere Zinssätze sind nach wie vor ein Problem. Die Europäische Zentralbank schlug bei ihrer Sitzung in diesem Monat einen aggressiveren Ton an als erwartet, während die Federal Reserve am Mittwoch zum ersten Mal seit 2018 die Zinsen anhob.
Fed bleibt flexibel
„In einer Welt mit höherer Inflationsvolatilität werden die Zentralbanken in den kommenden Jahren ein wichtiger Treiber für Liquidität und Renditen bleiben“, schrieb Sahil Mahtani, Stratege bei Ninety One, in einer Notiz diese Woche. „Ihre neue Doktrin bedeutet, dass sie länger auf das Gaspedal treten werden, wenn sie ihre Ziele verfehlen, aber auch schneller auf die Bremse treten, wenn sie sie erreichen. Dies bedeutet, dass eine dynamische Vermögensallokation notwendiger sein wird“.
Die Fed hat gestern erwartungsgemäß die Zinswende eingeleitet. Nicht zuletzt aufgrund des Ukraine-Kriegs wird man sich aber größtmögliche Flexibilität bewahren. Denn neben der Inflationsbekämpfung soll die Notenbank in den USA auch für Wirtschaftswachstum sorgen. In der Eurozone ist eine wirklich straffere Geldpolitik noch immer nicht eingeleitet. Trotz höherer Schwankungen bleiben Aktien für Anleger aber attraktiv. Mehr als in den vergangene Jahren kommt es aber auf die richtigen Titel im Depot an.