Jedes Jahr auf Ende November zu veröffentlichen die Strategen des größten deutschen Bankhauses ihren Ausblick für das folgende Jahr. Wegen der immer noch steigenden Infektionen und den damit verbundenen Restriktionen sei es schwieriger als sonst Prognosen abzugeben. Doch es gibt welche. Aktien sollten weiter steigen, wobei das Potenzial als moderat angesehen wird.
"Wir sehen aktuell mehr Chancen als Risiken", sagt Dr. Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank. "Die wirtschaftliche Erholung sollte sich nach dem schwierigen Winterhalbjahr fortsetzen. Die wohl schnellere Verfügbarkeit von Impfstoffen wird diese Entwicklung sogar noch beschleunigen", ergänzte Stefan Schneider, Chefvolkswirt für Deutschland.
Chancen fänden Anleger vor allem an den Aktienmärkten, wo sich solche Werte erholen sollten, die 2020 besonders gelitten haben. Das seien vor allem preiswerte, zyklische Aktien aus den Branchen Tourismus, Industrie, Automobile sowie Metall- und Bergbau. "Die Verlierer der Krise werden aufholen", so Stephan. Darüber hinaus sieht der Experte Chancen bei Gesundheits-Aktien. Weniger Chancen räumt der Stratege defensiven Werte wie Gebrauchsgüter sowie Nahrungsmittel und Getränke ein.
Bei Technologiewerten stimme der langfristige Trend, kurzfristig könnte es aber eine Underperformance geben. Regional betrachtet erscheine Europa als Anlageregion interessanter als die USA. Für den DAX sieht Stephan ein Kursziel von 14.000 Punkten.
"Der Glanz des Goldes verblasst"
Einen Favoritenwechsel gibt es auch bei Rohstoffen: Industriemetalle sollten sich besser entwickeln als Edelmetalle. "Gold wird vermutlich weniger gefragt sein", sagt Stephan. "Wenn sich die Wirtschaft weiter erholt, ist dieser sichere Hafen nicht mehr so stark nachgefragt." Von einer Erholung der Wirtschaft einerseits und der hohen Nachfrage nach Elektroautos andererseits sollte Kupfer profitieren. Trotzdem habe Gold laut Deutsche Bank Potenzial. Das Kursziel liegt bei 2.100 Dollar pro Feinunze.
Kritisch sieht Stephan Kryptowährungen wie den Bitcoin, die seiner Meinung nach hochspekulativ und damit für den langfristigen Vermögensaufbau kaum geeignet sind: "Ein sicherer Hafen oder gar ein Ersatz für Gold sind sie nicht."
Preistrend am Wohnungsmarkt hält an
Bei Wohnimmobilien erwartet die Deutsche Bank weiter steigende Preise, insbesondere in den Großstädten. "Der Trend zur Urbanisierung wird auch durch die Corona-Krise nicht ausgebremst oder gar umgedreht", betont Stephan. "Die Menschen zieht es weiter in die Städte, und in Deutschland wird hier noch immer zu wenig gebaut."
Der Einzelhandel müsse aufpassen, will er nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Neben dem Internethandel dränge die Verbannung von Autos aus den Innenstädten den Einzelhandel zum Handeln.
Wichtiger werden immer mehr die drei Buchstaben E, S und G. Anleger sollten das Thema ESG nicht außer Acht lassen, auch um ein besseres Chance-Risiko-Profil zu erzielen, heißt es. Insgesamt deutet vieles darauf hin, dass 2021 ein chancenreiches Jahr wird, so Stephan.