Desinfektionsmittel aus Ethanol oder Wasserstoff aus Methan – Biokraftstoffe erleben ihren zweiten Frühling. Vor allem die Klimaziele für 2030 sorgen für große Fantasie.
Biogas oder Wasserstoff – oder sogar beides in Kombination? Biokraftstoff-Aktien erleben in diesen Tagen ihr furioses Comeback. Denn die Kassen von Verbio und Co klingeln wieder – die jüngsten Ergebnisse sind überraschend stark.
Auch Microsoft-Gründer Bill Gates sorgt für einen Stimmungsumschwung der Investoren. Seit er 1999 soziale Medien wie Facebook, Chat-bots oder das Smartphone vorhergesagt hatte, hören alle gut zu.
Im Jahr 2020 macht er nun eine neue Prognose: Biokraftstoffe werden ihr Comeback erleben. Er fährt zwar einen Porsche Taycan und schätzt die Vorteile der Elektromobilität. Doch selbst nach neuen Durchbrüchen in der Batterieforschung bleibe das Problem: „Batterien sind groß und schwer.“ Gerade großen Elektro-Lkws wie sie Tesla und Nikola planen, erteilt er damit indirekt eine klare Absage.
Gates: „Ich bin optimistisch“
Auch Wasserstoff kann eine der Lösungen sein, das Fahrzeuggewicht zu reduzieren. Doch Bill Gates rückt in seinem Blog eine neue, alte Technologie in den Vordergrund: „Ich bin optimistisch, was Biokraftstoffe angeht.“ Ihm gefällt, dass die Treibstoffe in klassischen Motoren eingesetzt werden können. Auch die Verarbeitung von pflanzlichen Abfallstoffen wie Stroh weckt sein Interesse.
Biokraftstoffe 2.0
Vielleicht ist ihm der weltweite Technologieführer bei der Umwandlung von Stroh in Biokraftstoffe schon ein Begriff. Verbio stellt aus Stroh Biomethan her – ein Biokraftstoff für Pkws und Lkws.
Was früher nur als Beimischung interessant war, wird dank radikaler neuer Klimaziele in immer größerem Ausmaß eine ernsthafte Alternative. So ist nach Berechnungen des Bundeswirtschaftsministeriums in Deutschland eine Anhebung der Treibhausquote allein für Biokraftstoffe von aktuell sechs Prozent auf 19 bis 23 Prozent erforderlich, um das gesetzte Ziel zu erreichen und die CO2- Emissionen im Verkehr bis 2030 um 40 Prozent zu reduzieren.
Doch damit nicht genug: Die EU diskutiert schon über eine weitere Anhebung der Zielsetzung auf 55 Prozent CO2- Einsparung.
Sauter: Mehr E-Auto und Wasserstoff, aber auch Biokraftstoff
Im Interview mit uns sagt Claus Sauter: „Für die Zielerreichung wird neben Elektromobilität und Wasserstoff auch mehr Biokraftstoff benötigt. Hier geht die Entwicklung ganz klar in Richtung sogenannter „fortschrittlicher Biokraftstoffe“ aus Nicht-Nahrungsmittel-Rohstoffen, wie Getreidestroh oder anderen Agrarreststoffen.“
Besonders spannend: „Wir sind der Überzeugung, dass sich insbesondere grüne (erneuerbare) Gase zum globalen Geschäft entwickeln werden. Egal, ob wir über Biomethan, BioLNG, über synthetisches Methan oder über erneuerbaren (grünen) Wasserstoff reden.“
„Grüner Wasserstoff aus Biomethan. Jetzt ist unsere Zeit gekommen.“
Methan ist chemisch gesehen CH4, also ein Kohlenstoffatom und vier Wasserstoffmoleküle. Für Sauter ist damit klar: „Der einfachste, schnellste und günstigste Weg zur Bereitstellung von grünem Wasserstoff ist durch die Herstellung aus erneuerbarem Methan (Biomethan). Auf diese Entwicklung haben wir 15 Jahre gewartet. Jetzt ist unsere Zeit gekommen.“
Das trifft auf den gesamten Sektor zu. Die vom AKTIONÄR entwickelte Turnaround-Formel signalisierte in den USA und Europa ein Sektor-Comeback, weswegen wir die Gewichtung von Wasserstoff reduziert und Biokraftstoff-Titel im Depot 2030 erhöht haben.
Kurz danach hat Verbio positiv überrascht. Für das Geschäftsjahr 2020/2021 wird nun ein EBITDA in der Größenordnung von 130 Millionen Euro anvisiert – doppelt so viel wie ursprünglich prognostiziert. Das 2021er-KGV liegt erst bei 19.
Ähnlich günstig ist unsere zweite Biokraftstoff-Empfehlung CropEnergies. Diese Aktie wird auch vom Nachfrageboom nach Desinfektionsmitteln beflügelt. Die Südzucker-Tochter hat aufgrund der „hohen Nachfrage nach Ethanol und der stark gestiegenen Ethanolpreise“ die Planung angehoben. Zu Beginn der Coronakrise wurde für 2020 noch ein „deutlicher“ Gewinnrückgang befürchtet. Nun wird ein operatives Ergebnis zwischen 110 und 140 Millionen Euro (Vorjahr: 104 Millionen) erwartet.
Wasserstoff und Biokraftstoffe
Bisher waren 2020 Wasserstoff-Hot-Stocks erfreuliche Performancebringer. Nun startet ein zusätzlicher, zweiter Trend: Biokraftstoffe.
Dieser Artikel ist in DER AKTIONÄR Nr. 40/2020 erschienen, welches Sie hier als PDF gesamt herunterladen können.