Bei der Aufklärung des Abgas-Skandals will Volkswagen aus der Defensive. In einer ungewöhnlich langen Erklärung wehrt sich der Autobauer gegen den Vorwurf, die Öffentlichkeit zu spät über den Abgas-Skandal informiert zu haben. Brisant dabei: Ex-VW-Chef Winterkorn wurde bereits 2014 informiert.
In dem Schreiben erklärt Volkswagen, am Landgericht Braunschweig eine Klageerwiderung im Zusammenhang mit dem Vorwurf eines Verstoßes gegen kapitalmarktrechtliche Publizitätspflichten eingereicht zu haben. Dort haben einige Aktionäre wegen einer Verletzung der Adhoc-Pflicht geklagt – sie wollen, dass VW die Verluste ersetzt, die durch den Kursrutsch im September entstanden sind.
Im Kern geht es um die Frage, wann genau VW die Aktionäre über den Abgas-Skandal hätte informieren müssen. Volkswagen tat dies am 22. September 2015 mit einer Pflichtmitteilung an die Börse. Laut Medienberichten hätten VW-Manager aber bereits am 3. September hinter den Kulissen gegenüber US-Umweltbehörden Manipulationen bei Diesel-Abgastests eingeräumt. Kursrelevant wurde der Vorgang am 18. September, als US-Behörden die Verletzung von Umweltschutzrichtlinien publik gemacht hatten.
Was wusste Winterkorn?
In der Erklärung geht Volkswagen auch auf die Geschichte des Skandals ein. Der damalige Konzernchef Martin Winterkorn bereits im Mai 2014 erstmals über Unregelmäßigkeiten beim EA189-Motor informiert worden. Die Notiz sei Winterkorn in seiner „umfangreichen Wochenendpost“ zugestellt worden – „ob und inwieweit Herr Winterkorn von dieser Notitz Kenntniss genommen hat, ist nicht dokumentiert“, heißt es dort.
Zudem habe es im Juli 2015 eine Besprechung zur „Diesel-Thematik“ gegeben, an der auch Winterkorn und VW-Markenchef Herbert Diess teilgenommen haben. Nach einer internen Prüfung seien Mitglieder des VW-Vorstandes im Ende August zu der Erkenntnis gekommen, dass es sich bei der Softwareänderung um ein laut US-Recht unzulässiges „Defeat Device“ handle. Am 3. September sei dies gegenüber den US-Umweltbehörden CARB und EPA kommuniziert worden, Winterkorn sei darüber durch eine Notiz vom 4. September unterrichtet worden.
Vieles bereits eingepreist
Die Aufarbeitung des Abgas-Skandals wird teuer – so viel ist sicher. Wie hoch die Kosten für die Nachrüstung der betroffenen Fahrzeuge und die Schadenersatzzahlungen an die Aktionäre letztlich ausfallen werden, ist dagegen ungewiss. Auf dem aktuellen Kursniveau dürfte allerdings Vieles schon eingepreist sein. Langfristig orientierte Anleger mit einem Anlagehorizont von 12 bis 24 Monaten können daher weiterhin zugreifen.
(Mit Material von dpa-AFX)