Eine Woche lang tobte ein Machtkampf in der VW-Führungsspitze. Das vorläufige Ergebnis: VW-Chef Martin Winterkorn bleibt im Amt, sein bis Ende 2016 laufender Vertrag soll verlängert werden - obwohl Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch von ihm abgerückt war. Nun muss Winterkorn liefern. Man lege "großen Wert darauf", teilte das zentrale Präsidium des VW-Aufsichtsrats mit, dass der 67-Jährige "seine Funktion als Vorsitzender des Vorstands auch weiterhin so aktiv und erfolgreich wie bisher verfolgt". Das kann man als Arbeitsauftrag lesen. Diese Baustellen muss Winterkorn angehen:
Baustelle 1: Kernmarke VW
Bei der Marke VW rund um die Modelle Golf und Passat schlägt das Herz von Volkswagen . Doch der Motor stottert beträchtlich, die Marke fährt gemessen am Umsatz nur schmale Gewinne ein - gerade im Vergleich zum größten Rivalen Toyota. Ein Grund: Die Produktion bei VW ist aufwendig und teuer - das Unternehmen stellt verhältnismäßig viele Bauteile selbst her und braucht rechnerisch mehr Mitarbeiter für jedes produzierte Auto als die asiatische Konkurrenz. Trotzdem kann VW keine Preise wie bei Oberklasse-Autos von Mercedes, Audi oder BMW aufrufen.
Sparprogramm soll es richten
Zwar betont der Konzernbetriebsrat, dass sich die Komponentenwerke - also die Fabriken für die Teile - vor dem Wettbewerb mit Zulieferern nicht verstecken bräuchten. Doch Winterkorn selber sagte vergangenen Sommer laut dpa-Informationen bei einem internen Managementtreff, es müsse dringend gesprochen werden über die heutige Fertigungstiefe der Komponente.
Winterkorn lenkte zwar schon gegen und brachte ein milliardenschweres Sparprogramm auf den Weg - wann aber die Marke in die Spur kommt, ist ungewiss. Und die weitere Umsetzung liegt nur noch bedingt in seiner Hand: Im Sommer ist Schluss mit Winterkorns Personalunion als Konzern- und Markenchef, dann übernimmt der frühere BMW-Vorstand Herbert Diess die Führung des größten Absatz- und Umsatzbringer der Wolfsburger.
Baustelle 2: USA
Auf dem wichtigen US-Markt - er ist nach China der zweitgrößte der Welt - kommt der Konzern nicht voran, seit Jahren schon. In den USA fehlen die passenden VW-Modelle, sie sollen frühestens in eineinhalb Jahren auf den Markt kommen. Neben den Platzhirschen wie General Motors oder Ford sind vor allem die asiatischen Hersteller VW voraus.
Betriebsratschef Bernd Osterloh nannte den US-Markt für VW schon eine "Katastrophenveranstaltung", und Piëch sagte vor eineinhalb Jahren: "Wir verstehen Europa, wir verstehen China, und wir verstehen Brasilien, aber wir verstehen die USA bislang nur in einem begrenzten Maße."
Die Folge? Verluste. "In den letzten zehn Jahren sind die Ergebnisse der Pkw-Kernmarke in den USA in der großen Mehrheit in den roten Zahlen gewesen", sagte NordLB-Analyst Frank Schwope der dpa. Der Konzern selbst veröffentlicht seit dem Antritt Winterkorns als Vorstandsboss 2007 keine Gewinnzahlen zu einzelnen Märkten mehr.
Baustelle 3: Vernetzung – alternative Antriebe
Die digitale Vernetzung des Autos und alternative Antriebe - das sind die beiden großen Zukunftsthemen in der Autowelt. Wie kaum zuvor steht die Branche vor fundamentalen Veränderungen. Ganze Geschäftsmodelle wandeln sich, das Auto verliert gerade in Großstädten seinen Status. Und neue große Player wie Google und Apple könnten die Platzhirsche herausfordern. Während sich aber etwa BMW mit dem völlig neuen Elektroauto i3 positionierte, war bei VW von Elektro-Euphorie lange Zeit wenig zu spüren.
VW-Aktie halten
Die Verunsicherung ist raus: Winterkorn bleibt Vorstand von VW. Durhc sein Manöver hat sich vielleicht sogar Ferdinand Piech selber ins Aus katapultiert. Was die Aktie betrifft, so ist die Verunsicherung raus. Jetzt gilt es für die Führungsmannschaft, die Rendite in den kommenden Jahren nach oben zu treiben. Das wird auch die Aktie weiter beflügeln. Investierte Anleger bleiben dabei und lassen sich von den Tagesschwankungen nicht aus der Ruhe bringen. Das Papier trifft zwischen 225 und 230 auf eine Unterstützungszone.
(Mit Material von dpa-AFX).