Avi Gilburt hat sich der technischen Analyse verschrieben. Bereits vor drei Jahren hat er den Bärenmarkt bei Gold vorausgesagt. Auch jetzt sieht der US-Amerikaner schwere Zeiten auf die Goldanleger zukommen. Doch es gibt Hoffnung. Im Interview mit dem Deutschen Anlegerfernsehen DAF erklärt er, wie weit es bei Gold noch nach unten gehen kann und welche Kursziele er für das kommende Jahr sieht.
Avi, wie analysieren Sie den Goldpreis?
Avi Gilburt: Ich verwende für meine Analysen vor allem Elliott-Wellen. Diese Methode hat Ralph Nelson Elliott in den 1930er-Jahren entwickelt. Und ich habe auch daran gearbeitet, ich habe innerhalb der Elliott-Wellen-Muster einiges erkannt. Dadurch konnte ich die Analyse verbessern, ich habe auf Grundlage der Elliott-Wellen etwas Neues entwickelt, was ich als „Fibonacci Pinball“ bezeichne. Das bietet mir einen besseren Rahmen, um mit der Elliott-Wellen-Analyse zu arbeiten und insgesamt eine viel höhere Trefferquote zu erzielen.
Das heißt also, Sie kümmern sich überhaupt nicht um fundamentale Aspekte?
Avi Gilburt: Es tut mir Leid, das sagen zu müssen, und ich weiß, dass mich viele Menschen abschreiben, wenn ich das sage: Ich berücksichtige die Fundamentalanalyse überhaupt nicht – null.
Die Baisse läuft inzwischen seit drei Jahren und die Menschen fragen sich, wie lange das noch so weitergeht und wo der Goldpreis einen Boden finden wird.
Avi Gilburt: Ich erkläre Ihnen mal schnell den Hintergrund. Auf Seeking Alpha habe ich im Jahr 2011 das Hoch korrekt vorhergesagt. Ich sagte den Leuten ein paar Monate lang, dass der Goldpreis bis in den Bereich um 1.915 Dollar steigen würde und dass es dann Zeit wäre, zu verkaufen. Und das tatsächliche Hoch lag dann bei 1.918/1.920 Dollar. Ich rechnete damit, dass von da aus eine Korrektur stattfinden würde. Und beim GLD fragte ich mich, ob der Unterstützungsbereich zwischen145 und 148 halten würde. Und der Bereich um 148 hielt. Und damals, im Jahr 2012, dachte ich mir, dass wir vielleicht einen Boden erreicht hatten und dass es von da aus wieder bergauf gehen würde. Aber die spätere Entwicklung im Jahr 2012 sagte mir, dass sich viel niedrigere Niveaus anbahnten. Zunächst fassten wir den Bereich von 1.100 bis 1.200 Dollar bei Gold ins Auge, und darunter sahen wir das Potenzial für einen Rückgang auf bis zu – und ich weiß, einigen Menschen tut es sehr weh, wenn ich das sage – 700 Dollar. Zum damaligen Zeitpunkt erwartete ich vom Markt innerhalb einer Woche solide Hinweise darauf, ob es bis zum Niveau von 700 bis 800 nach unten gehen würde oder ob sich der Preis im Bereich von 900 bis 1.000 würde halten können. Ich tendierte damals wohl eher dahin, dass sich der Preis zwischen 900 und 1.000 halten würde, aber die Entwicklung im Laufe der darauf folgenden Woche gab mir einige zusätzliche Hinweise darauf, welche Zielpreise wahrscheinlicher waren.
Ja, ich glaube wie Sie, dass die Menschen nichts von einem Preis zwischen 700 und 800 Dollar hören wollen. Das hört sich ja wirklich grausam an. Besteht denn keinerlei Aussicht auf eine schnelle Erholung des Goldpreises?
Avi Gilburt: Nun ja, wenn Sie von einer Erholung sprechen – ich kann mir zum jetzigen Zeitpunkt durchaus vorstellen, dass der Preis um 50, um 80 oder höchstens 100 Dollar steigt. Aber ich rechne noch mit einem weiteren Absacker des GLD. Dann kann es sein, dass es nicht bis in den Bereich zwischen 700 und 800 abwärts geht. Aber: In den Bereich von 900 bis 1.000 wird der Preis trotzdem fallen. Für mich stellt sich nur die Frage, wie extrem der nächste Preisrutsch ausfällt. Es wird eine Erholungsrallye geben und ich rechne damit, dass sie gegen Ende des Monats stattfindet, spätestens Anfang Dezember. Aber ich erwarte auch, dass im Dezember oder vielleicht Anfang des neuen Jahres der endgültige Rückgang kommt.
Sie glauben also, dass es noch in diesem Jahr schnell abwärts gehen wird, vielleicht bis unter 1.000 Dollar?
Avi Gilburt: Ja, ich sage, dass das möglicherweise noch in diesem Jahr passieren könnte. Und es könnte vielleicht bis zum Ende des ersten Quartals 2015 dauern, bis wir einen Boden erreichen. Aber eigentlich rechne ich damit, dass sowohl die Edelmetallpreise als auch die Aktienkurse der Minenunternehmen Ende des Jahres oder im Laufe des ersten Quartals einen Boden erreichen und dass sie dann wieder in die Hausse einschwenken.
Möchten Sie damit sagen, dass die Anleger kurzfristig auf der Short-Seite positioniert bleiben sollen?
Avi Gilburt: Nun, ich möchte es mal so ausdrücken: Ich persönlich bin aus meinen langfristigen Short-Positionen ausgestiegen. Dann bin ich im Frühjahr dieses Jahres deutlich massiver in Gold-Puts eingestiegen. Ich halte diese Gold-Puts nach wie vor und habe nicht die Absicht, sie zu verkaufen, außer wenn ich durch einen Anstieg des GLD über 120 ausgestoppt werde. Ich erwarte, dass der GLD mindestens bis in den Bereich zwischen 95 und 105 fallen wird, und erst dann werde ich es in Erwägung ziehen, einen Teil meiner Gewinne mitzunehmen. Ich werde also meine Short-Position beibehalten, auch wenn ich zwischendurch ein bisschen zu traden versuche und auch Long-Trades tätige, also ich meine kurzfristige Long-Trades, vor allem mit dem GDX, also dem Goldminen-Index.
Der Goldmarkt ist grausam, aber das ist nichts im Vergleich zum Silber. Das ist ja wirklich eine grausame Geschichte, es sieht so aus, als würde der Silberpreis täglich neue Tiefs markieren. Welche Preismarken sehen Sie beim Silberpreis?
Avi Gilburt: Im Idealfall würde das Niveau von 14 Dollar halten, aber ich glaube, es könnte bis in den Bereich zwischen 12,50 und 13,00 fallen. Bei beiden Metallen wird es in den nächsten zwei bis fünf Monaten schwierig werden, sie zu behalten, aber ich glaube auch, dass sich in diesem Zeitraum ein sehr langfristiger Boden bilden könnte.
Wie weit blicken Sie in die Zukunft? Haben Sie irgendeine Vorstellung, wo der Goldpreis und der Silberpreis Ende nächsten Jahres stehen werden?
Avi Gilburt: Das ist natürlich schwerer vorherzusagen, denn ich weiß ja nicht, wie kräftig die Rallye ausfallen wird, wenn sie einmal begonnen hat. Wenn wir eine kräftige Rallye erleben – und es kommt auch darauf an, wann sie anfängt –; also wenn wir Ende dieses Jahres den Boden erreichen würden, dann würde es mich nicht wundern, wenn wir bis Mitte nächsten Jahres wieder in den Bereich um 1.500 Dollar zurückkehren würden. Das würde mich keineswegs überraschen. Ich sehe voraus, dass der Goldpreis in den kommenden Jahren mindestens auf 2.500 Dollar steigen wird. Das ist mein Mindestziel nach Durchschreiten der Talsohle, und ich glaube, dass es noch deutlich weiter hinauf gehen könnte. Wissen Sie, es würde mich nicht schockieren, wenn der Silberpreis noch zu meinen Lebzeiten über 100 Dollar steigen würde.
Das Interview mit Avi Gilburt können Sie sich gleich hier ansehen.