Die schlechten Nachrichten rund um den Münchner Versicherungsriesen reißen nicht ab. Am Freitag hatte Reuters berichtet, dass das US-Justizministerium möglicherweise strafrechtlich relevantes Fehlverhalten von Allianz-Fondsmanagern untersucht. Am Morgen dann die Kunde, Berenberg stuft wegen den Unsicherheiten bezüglich der Alpha-Fonds die Aktie ab.
Nach dem Bericht von Reuters untersucht das Justizministerium (DOJ), ob die Manager der Structured Alpha Funds von Allianz Global Investor ihre Strategie zum Schutz vor Marktcrashs aufgegeben und wie sie den Anlegern die Höhe des Risikos mitgeteilt hatten. Reuters beruft sich dabei auf drei mit der Sache vertrauten Personen. Das DOJ hatte bereits Anfang August die Ermittlungen aufgenommen, zuvor schon die US-Börsenaufsicht SEC. Letzte Woche wurde bekannt, dass die BaFin die Angelegenheit untersucht.
Gegen die Allianz sind mindestens 25 Klagen von Investoren, überwiegend von öffentlichen US-Pensionskassen, anhängig, die insgesamt rund sechs Milliarden Dollar Schadenersatz fordern. Die Anleger argumentieren, dass der Zusammenbruch der Alpha-Fonds darauf zurückzuführen sei, dass die Allianz von ihrer erklärten Strategie abwich, sich mit Put-Optionen gegen Markteinbrüche abzusichern.
Reuters zitierte Reiner Klöcker, Fondsmanager bei Union Investment, einem der größten Aktionäre der Allianz: "Die Ermittlungen des DOJ bestärken den Verdacht auf eklatantes internes Fehlverhalten oder fehlende Kontrollprozesse."
Am heutigen Montag nun hat Berenberg seine Kaufempfehlung für die Allianz gestrichen. Die Investoren würden sich andere Aktien im Versicherungssektor suchen, zumindest bis zum Kapitalmarkttag am 3. Dezember. Analyst Michael Huttner, der bisher immer sehr bullish für die Allianz gewesen ist, gesteht eine späte Reaktion auf die Ermittlungen ein. Erst die Nachrichten von den Ermittlungen der BaFin und der Reuters-Bericht vom Freitag hätten jedoch seine Meinung geändert.
Huttner rechnet im schlimmsten Fall mit einer Belastung von 6,8 Milliarden Euro (8,0 Milliarden Dollar), die sich aus den Klagen und einer Strafzahlung von zwei Milliarden Dollar zusammensetzt. Das wäre ein kompletter Jahresüberschuss.
Nichtsdestotrotz seien die Fundamentaldaten stark. Die Allianz habe die Gewinnprognose für 2021 erhöht und werde wahrscheinlich eine Schaden-Kosten-Quote von 93 Prozent erreichen. Am 3. Dezember werde der Versicherer neue Ziele für die kommenden drei Jahre vorstellen; laut Huttner dürfte die Allianz künftig den operativen Gewinn jährlich um fünf Prozent steigern (bisher vier Prozent). Da auch die Bewertung geringer sei als im Schnitt der letzten fünf Jahre, bestätigt der Analyst sein Kursziel von 254 Euro.
Das Thema Alpha-Fonds wird die Allianz noch eine Weile beschäftigen. Vor diesem Hintergrund dürfte die Aktie den Markt nicht schlagen können. Anleger mit langfristigem Anlagehorizont bleiben zunächst an Bord, beachten aber den Stoppkurs des AKTIONÄR (siehe Ausgabe 38/2021).
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Allianz.