Nach einer langen Talfahrt bei der Aktie von Medigene hat das Papier Mitte Juni ein deutliches Lebenszeichen von sich gegeben. In den vergangenen Monaten hat sich bei dem Unternehmen einiges getan – es gab unter anderem einen Führungswechsel. DER AKTIONÄR hat mit dem neuen CEO Dr. Selwyn Ho ausführlich gesprochen.
Lesen Sie im zweiten Teil des Interviews unter anderem, was bei Medigene in den kommenden Monaten und Jahren zu erwarten ist. Der Vorstandsvorsitzende erläutert zudem Details zu den Parnterschaftsprojekten – unter anderem mit BioNTech. Teil 1 des Interviews finden Sie hier.
DER AKTIONÄR: Medigene hat eine umfangreiche Pipeline. Wo liegt der Fokus? Bei welchen Projekten ist in den kommenden Monaten mit News zu rechnen?
Dr. Selwyn Ho: Unsere interne Pipeline wächst, und unser Hauptkandidat MDG1015 macht rasche Fortschritte auf dem Weg in die Klink. MDG1015 ist eine TCR-T-Therapie der dritten Generation, die auf das validierte Krebs-Hoden-Antigen NY-ESO-1 abzielt, in Kombination mit unserem PD1-41BB-Switch-Rezeptor, der die Wirksamkeit der T-Zellen durch Überwindung der immunsuppressiven Tumormikroumgebung erhöht.
MDG1015 durchläuft derzeit die erforderlichen Experimente, die für den Antrag auf Zulassung eines neuen Prüfpräparats – die sogenannte Investigational New Drug bzw. IND – in den USA und für die klinische Erprobung – die sogenannte Clinical Trial Application bzw. CTA – für die europäischen Zulassungsbehörden. Unser Ziel ist es, die Genehmigung für den CTA/IND in der zweiten Jahreshälfte 2024 zu erhalten, so dass wir dann bis Ende 2024 mit den ersten klinischen Studien mit MDG1015 beginnen können.
Außerdem haben wir vor kurzem unsere Pipeline-Erweiterung im Bereich der Neoantigene bekannt gegeben, wobei der Schwerpunkt auf KRAS (Kirsten rat sarcoma viral oncogene homologue) als erstem Krebsziel in unserem neuen MDG20xx-Programm liegt. Dabei handelt es sich um eine TCR-T-Therapie, die in Kombination mit unserer PD1-41BB kostimulatorischen Switch-Rezeptor-Technologie entwickelt wird. Wir gehen davon aus, dass wir den ersten Leitkandidaten für unser KRAS-Programm, MDG2011, im dritten Quartal dieses Jahres vorstellen können. Das MDG20xx-Programm ist für uns sehr spannend, da es unser so genannter "Bibliotheks"-Ansatz ist, um mehrere TCR-Kandidaten für Krebsarten bereitzustellen, die mehrere verschiedene KRAS-Neoantigene und humane Leukozytenantigene (HLAs) exprimieren und verschiedene Arten von Verbesserungstechnologien benötigen. Wir glauben, dass auf diese Weise die optimale Wirksamkeit und Sicherheit für eine möglichst große Zahl von Patienten gewährleistet werden kann.
Wann ist eine erste Produktzulassung realistisch?
Es gibt viele Variablen auf dem Weg zur Zulassung eines Arzneimittels: Die Wirksamkeit und Sicherheit des Produktkandidaten müssen in klinischen Studien nachgewiesen werden, die regulatorischen Anforderungen erfüllt werden und zudem müssen die erforderlichen finanziellen Ressourcen verfügbar sein. Eine genaue zeitliche Vorhersage zu einer Produktzulassung ist daher schwer zu treffen. Nach unserer derzeitigen Einschätzung könnte MDG1015 potenziell ab 2028 für Patienten und Patientinnen zur Verfügung stehen. Diese Zeitachse kann jedoch in Abhängigkeit der genannten Faktoren variieren. Was wir jedoch sagen können, ist, dass der Weg zur Zulassung unserer ersten klinischen Studie mit MDG1015 eine Gelegenheit ist, den proof-of-concept unseres End-to-End-Plattform-Ansatzes speziell für solide Tumoren zu demonstrieren und unsere Fähigkeit zur Entwicklung von erstklassigen TCR-T-Therapien unter Verwendung unseres kostimulatorischen PD1-41BB-Switch-Rezeptors.
Medigene arbeitet auch mit BioNTech zusammen. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Unsere globale strategische Partnerschaft mit BioNTech, unterzeichnet im Februar 2022, kommt gut voran und die Zusammenarbeit zwischen den Teams beider Unternehmen verläuft produktiv. Als Hintergrund nochmal: In die zunächst auf drei Jahre angelegte Forschungskooperation bringen wir unsere E2E-Plattform für die Entwicklung von TCRs gegen von BioNTech benannte solide Tumor-Zielstrukturen ein. Zudem erwarb BioNTech potenziell erstklassigen TCR, der auf das Krebs-Hoden-Antigen PRAME abzielt, und darf optional weitere bestehende TCRs aus unserer Forschungspipeline lizenzieren. Außerdem erwarb BioNTech Lizenzen für den kostimulatorischen PD1-41BB-Switch-Rezeptor und die Precision-Pairing-Technologie. Wir haben dafür im Gegenzug eine Vorauszahlung in Höhe von 26 Mio. EUR erhalten und Anspruch auf Entwicklungs-, Zulassungs- und kommerzielle Meilensteinzahlungen in Höhe eines dreistelligen Millionen-Euro-Bereich pro Programm, sowie auf die Erstattung aller F&E-Kosten, die Medigene im Rahmen der Zusammenarbeit leistet. Aus vertraulichen vertraglichen Gründen können wir auf die aktuellen Fortschritte der Zusammenarbeit leider nicht weiter eingehen.
Fortschritte wurden auch für das MAGE-A4-Programm bekannt gegeben, welches in Kooperation mit 2seventy bio durchgeführt wird. Dieses löste eine Meilensteinzahlung von 2seventy bio in Höhe von 3 Millionen USD aus, die wir im Januar 2023 erhielten, basierend auf den Fortschritten des MAGE-A4-Programms im Hinblick auf den Start einer ersten Studie am Menschen in China mit einem der Partner von 2sevety bio. Beide Partnerschaften haben eine wesentliche wissenschaftliche Validierung unserer Technologie und unserer Vermögenswerte ermöglicht. Mit dem Übergang der Programme in die klinische Entwicklung werden diese neben den von Medigene geführten Programmen einen weiteren klinischen Wirksamkeitsnachweis erbringen und weitere Meilensteine für Medigene auslösen.
Wie sieht die finanzielle Situation bei Medigene aus?
Mit der Entwicklung von MDG1015 hin zum klinischen Studienantrag im Jahr 2024 werden unsere F&E-Ausgaben natürlich steigen. Auf Basis der derzeitigen Planung gehen wir von einem Cash-Reach bis Ende 2024 aus. Wir sind zuversichtlich, dass unsere Partnerschaften weiter voranschreiten und uns damit zusätzliche Meilensteinzahlungen und Einnahmen einbringen werden, die dann weitere Investitionen in unsere Forschungs- und Entwicklungsstrategie ermöglichen. Ungeachtet dessen ist die Biotechnologie eine kapitalintensive Branche, und wir möchten darauf vorbereitet sein, zusätzliches Kapital zu beschaffen und unseren Liquiditätsspielraum bis 2025 und darüber hinaus zu erweitern, um so sicherzustellen, dass wir den Wert unserer E2E-Plattform und Pipeline weiterhin maximieren können. Wenn sich das derzeitige schwierige makroökonomische und geopolitische Umfeld verbessert, wollen wir mögliche Optionen geprüft haben und bereit sein, eine Kapitalerhöhung durchzuführen, damit wir über ausreichend Kapital verfügen, um unsere mittel- bis langfristigen Unternehmensziele vollständig zu verwirklichen.
Vielen Dank für das interessante Gespräch.
Dass mit der Aktie von Medigene immer wieder zu rechnen ist, zeigt der jüngste Kursanstieg. Fundamental befindet sich weiterhin alles in einem sehr frühen Stadium. Die Aktie eignet sich deswegen für äußerst risikobereite Anleger als langfristige Spekulation zur Depotbeimischung.
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: BioNTech.
Die Autorin hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: BioNTech.
Aktien von BioNTech befinden sich im AKTIONÄR-Depot.