Heute korrigiert Alibaba, aber in den vergangenen Tagen hat die Aktie überdurchschnittlich zugelegt. Andere China-Tech-Aktien steigen ebenfalls – und das, während der Nasdaq 100 schwächelt. Natürlich lassen sich Gründe finden, die für einen Kauf von China-Anteilen sprechen. Letztendlich läuft aber alles auf eine Erklärung zu, die eine ausgewiesene China-Kennerin bereits vor dem Jahreswechsel gegeben hatte.
Etwas ratlos titelt die Nachrichtenagentur Bloomberg heute in Bezug auf China: „Tech-Aktien steigen, denn warum nicht.“ Fazit des Artikels: „Eine vom Kapitalfluss angetriebene Rally zieht immer mehr Kapital an.“
Anleger haben also wieder Lust auf China. Zumindest vorerst. Gründe dafür könnte es einige geben: günstig wirkende Bewertungen, die Lust, auf die Vorjahresverlierer zu setzen, die Suche nach Alternativen, weil US-Tech gerade kein Selbstläufer mehr ist, kurzfristige Spekulationen auf zumindest eine Gegenbewegung.
Doch all diese Gründe erklären nicht so recht: Warum genau dieser Tage – und ist das wirklich die Trendwende? Mit Sicherheit lässt sich tatsächlich nur festhalten, dass gerade wieder mehr Kapital in chinesische Tech-Werte fließt.
Anne Stevenson-Yang, China-Kennerin und Mitgründerin von J Capital, hat bereits vergangenes Jahr im Interview mit dem AKTIONÄR gesagt: „Man darf Liquidität nicht unterschätzen. Sobald Geld in einen Markt fließt, steigen die Kurse. Das hat nicht unbedingt etwas mit fundamentalen Werten der Unternehmen zu tun.“ Anleger hätten eine große Vorliebe für narrative Irrtümer. „Wenn etwas steigt, finden sie Gründe, warum es steigen musste – und umgekehrt.“
Diese Aussage ist Teil der ausführlichen China-Story in der AKTIONÄR EDITION 01/2002.
Wie schnell die Stimmung auch wieder drehen kann, zeigt der heutige Rücksetzer. Plötzlich werden wieder Corona und Sorgen um den Immobiliensektor thematisiert, wenn es darum geht, die Kursentwicklung bei Alibaba nachzuvollziehen.
Tatsächlich ist beim Thema China das Sentiment besonders wichtig. Politisch-regulatorische Eingriffe haben für viel Verunsicherung gesorgt und die Kurse tiefer purzeln lassen, als es wohl aus rein fundamentaler Sicht angebracht gewesen wäre. Ohnehin spielen erfahrungsgemäß fundamentale Daten immer nur eine von vielen Rollen, wenn es um Kursbildung bei Aktien geht – vor allem bei eher kurz- und mittelfristigen Bewegungen. Derzeit läuft die vom AKTIONÄR angedeutete kleine Munger-Rallye (siehe Beiträge am Artikel-Ende). Das muss jedoch noch nicht der Beginn einer echten Trendwende sein. Wie der heutige Tag zeigt, ist mit Rücksetzern und Widerständen zu rechnen. Wer trotzdem einen Fuß in der Tür haben will, kann zum Beispiel auf den WANT Index setzen, in dem Weibo, Alibaba, Netease und Tencent enthalten sind.
Der Handel mit Anteilen chinesischer Unternehmen ist mit erheblichen politischen und rechtlichen Unsicherheiten verbunden. Für Anleger besteht ein erhöhtes Totalverlustrisiko.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren: Alibaba.
Der Preis der Finanzinstrumente wird von einem Index als Basiswert abgeleitet. Die Börsenmedien AG hat diesen Index entwickelt und hält die Rechte hieran. Mit den Emittenten von Finanzinstrumenten Morgan Stanley, HSBC Trinkaus und Vontobel hat die Börsenmedien AG eine Lizenzvereinbarung geschlossen, wonach sie den Emittenten eine Lizenz zur Verwendung des Index erteilt. Die Börsenmedien AG erhält insoweit von den Emittenten Vergütungen.