Ein mutmaßliches Versäumnis beim Börsengang wird teuer für Chinas E-Commerce-Riesen: Eine Viertelmilliarde Dollar zahlt Alibaba, um eine Sammelklage in den USA beizulegen. Eine New Yorker Richterin hat dem Vergleichsvorschlag nun zugestimmt. Bei dem Fall ging es um Produktpiraterie – und die Frage, ob Alibaba auf ein diesbezügliches Treffen im Vorfeld des IPOs 2014 hätte hinweisen müssen.
Die Kläger hatten bemängelt, dass Alibaba ein Treffen zwischen Führungskräften des Unternehmens und Vertretern der staatlichen Verwaltung für Industrie und Handel kurz vor dem Börsengang nicht öffentlich gemacht hatte. Erst im Anschluss war das Treffen bekanntgeworden, weil die chinesische Aufsichtsbehörde ein Dokument veröffentlichte, demzufolge Alibaba auf seinem Marktplatz Taobao den Verkauf gefälschter Waren durch unlizenzierte Händler geduldet habe. Daraufhin war der Kurs der Alibaba-Aktie zweistellig eingebrochen.
Die Behörde hatte die verzögerte Veröffentlichung damit begründet, sie habe den Börsengang nicht stören wollen.
Mit einer Sammelklage in den USA wollten Kläger eine Entschädigung durch Alibaba erreichen.
Die Einigung war bereits im April verkündet worden, nur die richterliche Zustimmung fehlte noch. Alibaba bestritt, dass es ein Fehlverhalten gegeben habe. Es sei aber nicht im Interesse der Aktionäre und der Unternehmensentwicklung, sich länger mit dem Rechtsstreit aufzuhalten. Bereits 2015 hatte Alibaba-Vize Joseph Tsai erklärt, es habe sich lediglich um ein Routinetreffen gehandelt.
Die chinesische Behörde hatte das Dokument, in dem es um die Vorwürfe gegen Alibaba ging, kurz nach Veröffentlichung wieder zurückgezogen.
Bei mehr als 11 Milliarden Dollar Jahresgewinn fallen 250 Millionen Dollar nicht sonderlich ins Gewicht. Zumal Alibaba bereits entsprechende Rückstellungen gebildet haben dürfte. Die richterliche Zustimmung zu dem Vergleich wurde zudem erwartet. Die Nachricht dürfte daher keine Auswirkungen auf den Kurs haben. In den vergangenen Jahren hat Alibaba außerdem Anstrengungen unternommen, um Produktpiraterie einzudämmen. Alibaba-Verantwortliche hatten erklärt, dies liege im Interesse des Unternehmens und seiner Kunden. Anleger können es also halten wie Alibaba selbst und den Fall zu den Akten legen.
Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die durch die durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Alibaba.