Mit einem Umsatzwachstum von zwölf Prozent auf 56,2 Millionen Euro blickt GK Software auf ein überzeugendes erstes Halbjahr 2020 zurück. Vor allem die deutlich gestiegene Profitabilität spricht dafür, dass sich die hohen Investitionen und das 2019 aufgelegte Effizienzprogramm des Softwarespezialisten für Einzelhändler endlich im Zahlenwerk widerspiegeln. DER AKTIONÄR sprach mit Finanzvorstand André Hergert.
Dabei verrät der GK-Finanzchef, wie die Aussichten für den Rest des Jahres sind, dass die neue GK Drive-Lösung in den USA bereits im Einsatz ist und dass die Tochter Deutsche Fiskal GmbH als einer der ersten Cloud-Anbieter schon in Kürze zertifiziert werden soll.
DER AKTIONÄR: Herr Hergert, das waren starke Halbjahreszahlen. Zählt GK Software am Ende zu den Gewinnern der weltweiten Corona-Pandemie?
André Hergert: Nun, prinzipiell glaube ich, dass es in einer Pandemie, die unser Leben so einschränkt, keine wirklichen Gewinner geben kann. Darüber hinaus sind unsere Ergebnisse nicht durch, sondern trotz Corona zustande gekommen. Denn die Basis dafür haben wir im zweiten Halbjahr des Vorjahres gelegt. Der Ausgangspunkt dafür war das schwache Abschneiden im ersten Halbjahr 2019, das uns trotz Umsatzwachstum sehr deutlich bewusst gemacht hatte, dass wir neben das Thema Wachstum auch viel stärker das Thema Ergebnis stellen müssen.
Was bedeutet das?
In der Konsequenz haben wir das interne Programm ProFIT gestartet, in dessen Verlauf wir das gesamte Unternehmen nach Effizienzreserven, falsch justierten Prozessen und Einsparpotenzialen durchforstet haben. Dieses Programm war in wesentlichen Teilen Ende 2019 umgesetzt und ist vor allem die Basis dafür, dass wir uns in diesem Jahr deutlich besser präsentieren konnten. Mit Blick auf die Corona-Pandemie ist festzuhalten, dass es sich für uns natürlich ausgezahlt hat, dass vor allem die ganz großen Einzelhändler unsere Kunden sind und dass viele davon in Bereichen unterwegs sind, die vom Lockdown des Frühjahrs nicht betroffen waren. Dazu kommt, dass die führenden, international aufgestellten Handelsunternehmen durchweg langfristige IT-Agenden befolgen, deren Umsetzung nahezu ausnahmslos nicht unterbrochen worden ist.
Ist der Umsatzanstieg eher auf Neukunden zurückzuführen oder auf Zuwächse bei bereits bestehenden Kunden?
Das erste Halbjahr war dadurch gekennzeichnet, dass wir vor allem auf Grund der wegen der Pandemie verhängten Beschränkungen vertrieblich im Wesentlichen nur remote aktiv sein konnten. Daher ist die Anzahl der neuen Abschlüsse noch überschaubar gewesen, weil die Projekte noch gar nicht entschieden worden sind. Das heißt, der Großteil des Wachstums ist organisch aus dem Bestandskundengeschäft entstanden, zum einen weil die großen Kunden ihre Themen weiter getrieben haben und bei uns die entsprechenden Leistungen beauftragt haben, zum anderen weil wir die in 2019 neu gewonnenen Projekten initial auf den Weg gebracht haben. Und nicht vergessen werden darf, dass das Thema deutsche Fiskalisierung natürlich jeden in Deutschland aktiven Händler beschäftigt. Und das aus meiner Sicht sehr Erfreuliche ist darüber hinaus, dass diese hohe Auslastung in allen Landesgesellschaften ähnlich war und damit jede zum erfolgreichen ersten Halbjahr beitragen konnte.
Bei der EBITDA-Marge haben Sie zum Halbjahr rund elf Prozent erreicht. Ist das eine Größenordnung, die sich für den weiteren Verlauf fortschreiben lässt oder sind darin auch Sondereffekte enthalten?
Zunächst einmal hatte das erste Halbjahr keine Sondereffekte aufzuweisen, wenn man von reduzierten Reisekosten absieht. Bezüglich der EBITDA-Marge sehen wir hier, was die Organisation nach der Neuaufstellung im vergangenen Jahr auch ohne größere Vertriebserfolge zu leisten in der Lage ist. Dabei gehe ich allerdings schon davon aus, dass sich noch weitere Potenziale heben lassen, wenn wir beispielsweise unsere Produktentwicklung noch stärker fokussieren und den Grad der Wiederverwertbarkeit von kleineren, für spezielle Situationen entwickelten Softwaremodulen weiter erhöhen. Auch sind wir mit ProFIT noch nicht vollständig am Ziel unserer Wünsche, so dass auch hier noch Potenzial zu sehen ist. Der größte Hebel für die Marge ist allerdings natürlich das Neukundengeschäft, von dem wir im zweiten Halbjahr trotz der aktuellen Situation schon mehr erwarten.
Welches Margenniveau peilen Sie mittelfristig an und welches Umsatzniveau ist dafür notwendig?
Unser Ziel bleibt nach wie vor eine EBIT-Marge auf den Umsatz von 15 Prozent. Und wir waren uns am Anfang des Jahres sehr sicher, in diesem Jahr in diese Region vorstoßen zu können. Mit dem Aufschub von Entscheidungen im Neukundengeschäft hat sich der zeitliche Rahmen voraussichtlich gestreckt, doch an dieser Zielsetzung halten wir fest und wir halten es auch für realistisch, diese Marge dann halten zu können.
Sie highlighten bei den vorläufigen Zahlen das US-Geschäft, sind die Zuwächse vor allem auf alteingesessene Retailer zurückzuführen oder auf Vertreter aus der New Economy mit Online-Geschäftsmodellen?
Das US-Geschäft hat uns über Jahre viel Kraft und Marge gekostet. Umso schöner ist es, dass wir jetzt hier die Früchte des Erfolgs einsammeln konnten. Unsere Kunden in den USA sind überwiegend klassische US-Retailer, wobei klassisch heute bei den erfolgreichen Händlern eigentlich immer auch einen Omni-Channel-Ansatz einschließt. Und wenn man größere Händler als Kunden gewinnt, sind das in der Regel nicht die im Internet gewachsenen Unternehmen, weil letztere häufig nur wenige Filialen betreiben. Besonders gefreut hat uns im ersten Halbjahr, dass inzwischen an den ersten Hy-Vee-Tankstellen in Iowa unsere auf OmniPOS basierende GK Drive-Lösung erfolgreich im Einsatz ist. Damit haben wir ein wichtiges Thema unserer Produktentwicklung in diesem Markt umgesetzt.
Die jüngsten Quartalszahlen vieler klassischer Retailketten fielen eher schwach aus, wenn man von den Baumärkten einmal absieht. Neben Covid-19 macht sich die schwache Positionierung im Online-Handel bemerkbar. Ist das eher eine Chance für GK Software oder besteht vielmehr die Gefahr, dass potenzielle Kunden von der Bildfläche verschwinden?
Die Corona-Pandemie hat in vielen Bereichen wie mit einem Brennglas Defizite der Digitalisierung deutlich hervortreten lassen. Das betrifft auch den Einzelhandel, der sich viel schneller als erwartet mit Themen wie Selfscanning, Buy-online-pickup-in-Store (BOPIS), Home-Delivery und vielem mehr beschäftigen musste, die ohne die Krise erst später auf die Tagesordnung gekommen wären. Auch wenn davon auszugehen ist, dass die Situation Spuren in der Handelslandschaft hinterlassen wird, sehen wir eine Chance darin. Die Tatsache, dass stationäre Händler mit starkem Online-Geschäft erfolgreich im E-Commerce mitmischen spricht hier für sich. Und wir bieten erprobte Omni-Channel-Lösungen an, mit denen man genau die Anforderungen moderner Kunden erfolgreich umsetzen kann.
Das Thema Fiskalisierung ist hierzulande aufgrund der endgültigen Deadline des Finanzministeriums im September aktueller denn je. In Kooperation mit der Bundesdruckerei hat GK Software dafür eine Cloud-Lösung im Portfolio. Merken Sie den Umrüstungsdruck im Auftragseingang oder zumindest bei den Anfragen?
Die Situation hier ist nicht ganz so eindeutig, weil die Finanzministerien aller Bundesländer mit Ausnahme von Bremen entgegen der Meinung des Bundesfinanzministeriums eine fehlende technische Einrichtung zur Umsetzung der Fiskalisierung unter bestimmten Voraussetzungen bis Ende März 2021 weiterhin nicht beanstanden wollen. Der Hintergrund ist u.a., dass die letzten technischen Standards für eine cloudbasierte Fiskalisierung erst Anfang August definiert worden sind und damit vor allem die Cloud-Anbieter in diesem Bereich unter Druck sind. Unsere Tochter DF Deutsche Fiskal GmbH hat bereits im August 2019 als erster Cloud-Anbieter die Zertifizierung beantragt und im April 2020 den Zertifizierungsprozess begonnen und wir sind sehr zuversichtlich, dass wir rechtzeitig, d.h. zeitnah zertifiziert werden. Darauf vertrauen auch sehr viele große Einzelhändler sowie Partner der Deutschen Fiskal, die bereits Verträge mit uns abgeschlossen haben. Auf Grund der aktuellen Situation können wir jedoch noch nicht final abschätzen, ab wann das SaaS-Geschäft der Deutschen Fiskal zum Umsatz des Konzerns beitragen wird.
Sie sprechen von einem „nur zurückhaltenden Neukundengeschäft“ im ersten Halbjahr. Sprich: Die gute Entwicklung der ersten sechs Monate lässt sich nicht unbedingt auf das zweite Halbjahr fortschreiben?
Wir haben die Ergebnisse des ersten Halbjahres mit sehr wenig Neukundengeschäft erreicht und sehen weiterhin eine hohe Auslastung. Daher werden wir auch im zweiten Halbjahr voraussichtlich eine gute Entwicklung sehen. Sollten wir es schaffen, unsere Pipeline zumindest teilweise abzuarbeiten, könnte das zweite Halbjahr das erste sogar noch einmal übertreffen.
Was haben Sie mit Blick auf den Rest des Jahres noch in der Pipeline, wo liegen die Schwerpunkte?
Wir arbeiten vertrieblich an Themen rund um die Welt, wobei es natürlich Schwerpunktregionen wie die USA und Westeuropa gibt. Viele Vertriebsprojekte sind auch während der Corona-Pandemie weiter gereift. Doch bei Projekten der Größe wie sie für uns die Regel sind, braucht es nahezu zwingend finale Gesprächsrunden mit allen Beteiligten an einem Tisch. Und das ist zurzeit nicht so einfach. Wir sind dennoch zuversichtlich, im zweiten Halbjahr auch im Neukundenbereich noch den einen oder anderen Punkt zu sammeln.
Ein Schwerpunkt Ihrer Produktwelt ist jetzt die Cloud. Was bedeutet das für die Produktentwicklung und für die Marge?
In der Tat haben wir unsere Lösungswelt mit der cloud4retail-Plattform bereits in den letzten Jahren neu aufgestellt und dafür auch bedeutende Entwicklungsressourcen eingesetzt. Unter cloud4retail bündeln wir unterschiedlichste retailorientierte Services, die von unseren Kunden ausgewählt werden können. Eine Kombination dieser Services umfasst z. B. ein Leistungsangebot, das dem Lösungsumfang von OmniPOS entspricht, dazu kommen Services auf der Basis Künstlicher Intelligenz oder auch Services für die Fiskalisierung. Dieser Prozess der Umstellung unserer Plattform auf die Cloud ist sehr weit fortgeschritten. Das heißt, wir sprechen hier nicht über Absichtsbekundungen, sondern über bereits jetzt einsetzbare Lösungen. Dies zeigt sich auch darin, dass wir mit den ersten Interessenten konkret über SaaS-Modelle für Leistungspakete, die OmniPOS entsprechen, diskutieren.
Was heißt das?
Auch wenn wir mittelfristig eine klare Entwicklung hin zur Cloud erwarten, werden wir keinen plötzlichen Sprung aller Kunden in Richtung von Subskriptionsmodellen sehen. Es wird Kunden geben, für die das bereits jetzt passt und solche, die zwar technologisch in die Cloud gehen, aber klassische Verträge wollen. Wir sind für beide Entwicklungen vorbereitet und werden unsere Kunden bei der Transitionsphase in die Cloud begleiten.
Inwiefern wirkt sich die Corona-Pandemie auf Ihre mittelfristige Planung aus?
Es ist zurzeit natürlich schwierig, längerfristig zu planen. Wir werden sehen müssen, ob es einen längeren Vertriebsstau gibt oder ob sich die Pipeline in absehbarer Zeit abarbeiten lässt. Unser Ziel in Bezug auf die 15-prozentige EBIT-Marge bleibt bestehen und wir gehen auch für die Zukunft von weiterem Wachstum aus. Es ist jedoch noch zu früh, dies im Rahmen einer neuen Mittelfristprognose bereits exakter zu beziffern.
GK Software ist auf Kurs. Kann die Gesellschaft die neuen Projekte wie geplant umsetzen und Umsatz und Gewinn weiter steigern, steht einer Fortsetzung der Aufwärtsbewegung in Richtung dreistelliger Notierungen nichts im Weg.
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