Die Schwierigkeiten von bkn biostrom, SIAG oder Solarwatt haben den Markt für Mittelstandsanleihen zuletzt in keinem guten Licht erscheinen lassen. Dennoch ist Rene Parmantier, CEO der Close Brothers Seydler Bank, von der Zukunft dieses noch jungen Marktes überzeugt.
DER AKTIONÄR: Herr Parmantier, die Schwierigkeiten von bkn, SIAG oder Solarwatt haben kein gutes Licht auf das Segment für Mittelstandsanleihen geworfen. Wie sehen sie die Situation?
Rene Parmantier: Diese Häufung von Pleiten ist natürlich alles andere als positiv, aber deshalb darf nicht das ganze Segment der Mittelstandsanleihen in Frage gestellt werden. Es gibt zahlreiche gut aufgestellte, solide Mittelstandsanleihe-Emittenten. Objektiv betrachtet gilt aber auch: Wir haben auf Grund der Finanzkrise ein verschärftes Kapitalmarktumfeld generell, welches auch Refinanzierungen erschwert. Dazu kommen große Umbrüche im Geschäft mit erneuerbaren Energien. Aus diesem Sektor kommen alle drei genannten Unternehmen. Außerdem muss ganz rational festgehalten werden: Mittelstandsanleihen haben per se ein höheres Risiko als Bonds von Großkonzernen etwa aus dem DAX. Dafür sind hier ja auch spürbar höhere Renditen zu erzielen.
Alle drei Unternehmen stammen aus dem Bereich der regenerativen Energien - ist hier der Druck derzeit besonders groß?
Letztlich kommt es immer auf das jeweilige Geschäftsmodell an, das gilt für jede Branche. Es wäre falsch, pauschal eine Industrie zu verteufeln. In der Tat ist es aber so, dass es vor allem in der Solarbranche einschneidende Veränderungen gab. Nicht nur, dass diese Unternehmen durch veränderte Rahmenbedingungen wie sinkende Einspeisevergütung und massive Konkurrenz aus Asien operativ schwere Zeiten erleben. Auch hat sich die Haltung des Kapitalmarkts gegenüber diesem Sektor nachhaltig verschlechtert.
Weitere Pleiten sind also nur eine Frage der Zeit?
Pleiten gehören zum Wirtschaftleben dazu; es wird immer wieder Insolvenzen geben. Betroffen kann jedes Unternehmen sein, egal ob es Aktien oder Anleihen begibt. Statistisch betrachtet bedingt allein schon die deutlich gestiegene Zahl der Mittelstandsanleihe-Emittenten eine höhere Ausfallwahrscheinlichkeit. Dennoch gibt es aus Investorensicht hier zwei klare Vorteile der Börsennotiz: Erstens können sinkende Kurse ein Signal dafür sein, dass es Probleme gibt, und zweitens kann dann der Anleiheinhaber das Papier jederzeit verkaufen. Die Anleihe von Solarwatt etwa fiel ja auch nicht über Nacht, sondern seit zwölf Monaten stetig, unterbrochen nur von temporären Übernahmegerüchten. Solche Warnsignale und die Fungibilität sind ein deutlicher Mehrwert im Vergleich zu nicht börsengehandelten Bonds.
Demnach ist es als positiv zu werten, wenn mit Scope neben der Creditreform eine weitere Firma die Bonität der Unternehmen bewertet?
Ein Mehr an Information und Transparenz ist immer ein Plus für den Kapitalmarkt. Welche Ratingagentur ihre Aufgaben gut oder schlecht macht, dieses Urteil steht mir nicht zu. Was ich zweifelsohne befürworte, ist Meinungs- und Informationenpluralismus - das fördert den Informationsfluss auf dem Parkett.
Wie sehen Sie die weitere Entwicklung für das Segment der Mittelstandsanleihen?
Nach einem schwunghaften Start ist der Markt jetzt in einer Konsolidierungsphase, die auch konstruktiv sein kann. Dass Mittelstandsanleihen eine gute Alternative zu Bankkrediten und erst Recht zum nicht regulierten Markt sind, steht außer Frage. Doch alle Marktteilnehmer müssen weiter dazulernen: Investoren müssen ihre Erwartungen an die Realität anpassen und sich daran erinnern, dass höhere Renditen mit höheren Risiken einhergehen. Die Emittenten wiederum müssen transparent die Risiken ihres Geschäfts aufzeigen sowie offen und stetig mit Investoren kommunizieren.
Auf was sollte der Anleger beim Kauf von Mittelstandanleihen besonders achten?
Investoren müssen sich der Risiken des Investments bewusst sein. Sie müssen die Anleihe und das Unternehmen im Vorfeld unter die Lupe nehmen und auch nach der Zeichnung die Entwicklung stetig verfolgen. Aber letztlich gilt das doch für jede Art von Geldanlage.
Herr Parmantier, vielen Dank für das Interview.