Neue Vorwürfe der Financial Times (FT) haben die Wirecard-Aktie am Dienstag massiv unter Druck gebracht (DER AKTIONÄR berichtete). Zwar konnte sie bis zum Handelsschluss einen Teil der Verluste aufholen und ging „nur“ 13 Prozent schwächer aus dem Handel. Die Lage hat sich aber erneut deutlich eingetrübt.
Durch den gestrigen Kursrutsch hat die Aktie den mehrmonatigen Seitwärtstrend nach unten durchbrochen und bei 107,80 Euro den tiefsten Stand seit Mitte April erreicht. Auch wichtige Chartmarken die die 200-Tage-Linie und die horizontale Unterstützung im Bereich von 128 Euro wurden dabei gerissen. Bis zu vier Milliarden Euro Börsenwert haben sich in Luft aufgelöst.
Überzeugung oder Zweckoptimismus?
Für Analyst Mirko Maier von der LBBW ist all das trotzdem kein Grund zur Beunruhigung. „Wir halten uns an das Testat der Wirtschaftsprüfer, die die schon früher erhobenen Vorwürfe im Rahmen einer Sonderprüfung widerlegten“, kommentierte der Experte am Dienstag. Er blickt bei seiner beibehaltenen Kaufempfehlung stattdessen auf die bald erwarteten Quartalszahlen, bei denen er „erfreuliche Umsatz- und Ertragszahlen“ erwarte.
In dem Zusammenhang sollte allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass LBBW zu den Kreditbanken von Wirecard gehört – und somit ebenfalls großes Interesse daran haben dürfte, dass sich die Wogen schnell wieder glätten. Zumal das Branchenportal finanz-szene.de am Morgen darauf hinweist, dass es auch für die Mitte September emittierte Wirecard-Anleihe von 99 auf 84 Prozent des Nennwerts bergab ging.
Anleger tappen im Dunkeln
Unter den Anlegern ist die Verunsicherung nach wie vor groß. Zum Handelsstart am Mittwochmorgen geht es für die Wirecard-Aktie um weitere 1,5 Prozent abwärts. Zumal es von Wirecard am Dienstag zunächst nur ein recht allgemein gehaltenes Dementi gab.
UPDATE: Stellungnahme von Wirecard
Inzwischen hat sich Wirecard per Ad-hoc-Meldung ausführlicher zu den Vorwürfen geäußert. Darin heißt es unter anderem, dass der Einsatz unabhängiger Partner wie Al Alam ein „in der Branche üblicher Ansatz“ sei. Ferner erklärt Wirecard:
„Die 34 von der Financial Times genannten Unternehmen sind Bezeichnungen für Kundencluster, die für Reporting- und Abstimmungszwecke erstellt wurden und jeweils Hunderte von echten Einzelhändlern enthalten. Die Schlussfolgerungen der Financial Times sind daher nicht korrekt.
Der Konzernabschlussprüfer Ernst & Young GmbH, Deutschland, hat bestätigt, dass alle gesetzlichen und fachlichen Auditanforderungen vollständig erfüllt wurden und erfüllt werden.“
Das komplette Statement von Wirecard können Sie hier nachlesen.
Wie das Handelsblatt unter Berufung auf Konzernkreise meldet, ist in der kommenden Woche eine Telefonkonferenz geplant, in der sich Wirecard zusammen mit den Wirtschaftsprüfen von EY zu den Vorwürfen äußern will.
Nachdem im Zuge des Kursrutschs am Dienstag der Stoppkurs ausgelöst wurde, sollten vor allem längerfristige Anleger die weitere Entwicklung von der Seitenlinie aus beobachten. Die Wette auf eine technische Gegenbewegung sollten aktuell nur Trader eingehen.
Eine ausführliche Einschätzung zu den jüngsten Entwicklungen bei Wirecard lesen Sie in der neuen AKTIONÄR-Ausgabe (43/19), die heute Abend um 22 Uhr als E-Paper erscheint.
Mit Material von dpa-AFX.
Hinweis nach §34 WPHG zur Begründung möglicher Interessenkonflikte: Aktien oder Derivate, die in diesem Artikel besprochen / genannt werden, befinden sich im "Real-Depot" von DER AKTIONÄR.