Volkswagen kann den dicksten Brocken seiner "Dieselgate"-Rechtslasten in den USA aus dem Weg räumen. Der für Hunderte Zivilklagen zuständige Richter Charles Breyer gab am Dienstag seine endgültige Zustimmung zu einem Vergleich, der den Konzern bis zu 16,5 Milliarden Dollar (15,2 Milliarden Euro) kosten könnte.
Der Kompromiss sei "fair, angemessen und adäquat", teilte Breyers Gericht mit. Der Richter hatte schon bei einer Anhörung vor einer Woche signalisiert, dass er grünes Licht geben würde. Mit Breyers Segen kann der Konzern zwar die größte rechtliche Baustelle in den USA schließen, doch die juristischen Konsequenzen der Dieselaffäre sind damit noch lange nicht ausgestanden.
Wichtiger Meilenstein
VW hatte im Juni mit US-Behörden und zahlreichen Dieselbesitzern eine Entschädigungslösung über bis zu 14,7 Milliarden Dollar ausgehandelt, später erhöhte sich die Summe durch Einigungen mit US-Staatsanwälten und klagenden Autohändlern. Breyer hatte den Vergleich im Juli zunächst auf vorläufiger Basis genehmigt. Bei den US-Kunden war der Kompromiss auf breite Zustimmung getroffen. Die überwiegende Mehrheit hat sich bereits registriert, um das Angebot anzunehmen. "Die finale Zustimmung ist ein wichtiger Meilenstein auf unserem Weg zur Wiedergutmachung in den USA", teilte die US-Tochter Volkswagen Group of America mit. US-Chef Hinrich Woebcken versprach den betroffenen Kunden, alles für einen reibungslosen Ablauf des Entschädigungsprogrammms zu tun.
Bis zu 10.000 Dollar Entschädigung
VW bietet den US-Dieselbesitzern je nach Modelltyp und Baujahr zwischen 5100 und 10 000 Dollar pro Fahrzeug als Wiedergutmachung. Zudem muss der Konzern Rückkauf oder Umrüstung der Wagen in einen gesetzeskonformen Zustand anbieten. In Deutschland und anderen Ländern sträubt man sich bislang gegen vergleichbare Angebote. Weltweit sind etwa elf Millionen Dieselwagen vom Skandal betroffen.
Der Kompromiss gilt für rund 475 000 VW-Dieselwagen mit 2,0-Liter-Motoren, die mit einer Software zum Austricksen von Abgastests ausgerüstet sind. VW hatte den Schwindel im September 2015 nach Vorwürfen des US-Umweltamts EPA eingeräumt. Bei zusätzlichen etwa 85 000 Fahrzeugen mit größeren 3,0-Liter-Motoren ringt der Konzern allerdings weiter um eine Lösung mit den US-Behörden. In dieser Angelegenheit will Richter Breyer bis zum 3. November detaillierte Vorschläge sehen.
161 Euro möglich?
Wenige Stunden davor hat die britische Investmentbank Barclays hat die Einstufung für die Vorzugsaktien von Volkswagen (VW) auf "Overweight" mit einem Kursziel von 161 Euro belassen. Aktien von Premium-Autoherstellern dürften vorerst weiter unter steigenden Ausgaben für neue Technologien leiden, schrieb Analystin Kristina Church in einer Studie vom Montag. Verglichen mit Daimler gehöre Volkswagen vor diesem Hintergrund wegen der Selbsthilfemöglichkeiten des Wolfsburger Autobauers zu den von ihr bevorzugten Branchenwerten.
Konsolidierung beendet
Das Chartbild der Aktie hat sich in den letzten Tagen wieder aufgehellt. Die Konsolidierung lief exakt bis auf die 200-Tage-Linie. Mit dem Sprung über die 90-Tage-Linie bei 119,80 Euro vergangene Woche hat das Papier ein Kaufsignal geliefert. Nächstes Ziel ist die Marke von 138,00 Euro, den beiden Hochpunkten von Januar und Mai 2016. Wer investiert ist, bleibt dabei. Auf sicht von zwölf Monaten weist die Aktie nach Ansicht von DER AKTIONÄR ein gutes Chance-Risiko-Verhältnis auf.
(Mit Material von dpa-AFX).