Mit der Anhebung der Gewinnprognose hat der Versorger Uniper zuletzt für Aufsehen gesorgt. Drei Jahre nach dem Börsengang überrascht die "Resterampe" von E.on noch immer positiv. Doch die Branche bleibt in Zeiten der Energiewende im Wandel - zudem ist die Beziehung zum Großaktionär Fortum noch immer schwierig. Uniper-Finanzvorstand stand dem AKTIONÄR im Interview exklusiv Rede und Antwort zu den wichtigsten Fragen.
DER AKTIONÄR: Herr Bibert, trotz des Gewinnrückgangs im dritten Quartal konnten Sie die Prognose überraschend deutlich anheben – vor allem dank der Wiederaufnahme des britischen Kapazitätsmarkts. Welche Effekte sehen Sie hier konkret für Uniper?
Sascha Bibert: Wir haben die Prognose für das Gesamtjahr nicht nur angehoben, sondern auch eingegrenzt. Für den operativen Gewinn erwarten wir nach ursprünglich 550 bis 850 Millionen jetzt eine Bandbreite von 750 bis 950 Millionen Euro –. Im Mittelwert wurde die Spanne damit um 150 Millionen Euro nach oben angepasst.
Der britische Kapazitätsmarkt ist im Herbst 2018 wegen einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ausgesetzt worden. Jetzt gab es aber wieder grünes Licht – wir rechnen allein daraus mit einem Effekt von 150 Millionen Euro.
Wie läuft es in den anderen Geschäftsbereichen?
Das operative Geschäft entwickelt sich gut. Wir müssen aber ehrlich sein: Die ersten neun Monaten waren aufgrund des Wegfalls positiver Einmaleffekte schwächer als 2018. Dafür erwarten wir ein sehr, sehr starkes viertes Quartal. Das operative Ergebnis dürfte hier höher ausfallen als in den ersten drei Quartalen zusammen.
Neben dem britischen Kapazitätsmarkt sind wir auch für unsere Wasser- und Kernkraftwerke optimistisch. Auch im Gasgeschäft dürfte es gut laufen. Hinzu kommen positive Effekte aus der Absicherung von CO2-Zertifikaten.
Dafür erwarten wir ein sehr, sehr starkes viertes Quartal.
Der Kohleausstieg ist ein großes Thema in Deutschland. Wie rüstet sich Uniper für den anstehenden Wegfall dieses Geschäfts?
Man muss dabei bedenken, dass wir uns in Deutschland auch gerade in den finalen Zügen des Atomenergieausstiegs befinden. Das betrifft Uniper zwar nicht direkt, da wir Kernkraftwerke nur in Schweden betreiben. Doch es verändert den Energiemix hierzulande. Jetzt wird das Kohle-Aus hinzukommen – nach aktuellem Stand soll spätestens 2038 das letzte Kraftwerk vom Netz gehen.
Wir werden diesen Prozess aktiv begleiten, um weiterhin eine verlässliche und bezahlbare Versorgung zu gewährleisten. Klar ist aber auch, dass wir Teile unseres Geschäfts umbauen müssen. Auf diesem Weg sind wir bereits gut unterwegs und bieten Kunden neue Lösungen an. Ein Beispiel: der Standort Scholven. Wir rüsten hier von Kohle auf Gas um und haben bereits die entsprechenden Partner gewonnen, die Komponenten wie Gasturbinen und Dampfkessel liefern und diese auch in Betrieb nehmen. Das zeigt, wie wir auch in der Energiewende immer vorn mit dabei bleiben. Wir arbeiten an Innovationen, die helfen, den Weg in eine CO2-arme Zukunft zu ebnen. Bestes Beispiel ist die Power-to-Gas Technologie, die erneuerbaren Strom durch Umwandlung in Gas speicherbar macht.
Wir haben deshalb immer aus voller Überzeugung für Datteln gekämpft und werden das auch weiter tun.
Das umstrittene Kraftwerk Datteln 4 könnte doch noch ans Netz gehen. Wie geht es hier weiter? Gibt es einen konkreten Zeitplan?
Für definitive Aussagen müssen wir zunächst auf das Kohleausstiegsgesetz warten. Unser Standpunkt ist aber, dass auch im Rahmen eines Kohleausstiegs die modernsten Anlagen laufen sollten und nicht die schmutzigsten. Wir haben deshalb immer aus voller Überzeugung für Datteln gekämpft und werden das auch weiter tun. Datteln 4 hilft, die Emissionsziele der Bundesregierung zu erreichen und die Versorgungssicherheit zu bezahlbaren Kosten zu gewährleisten.
Die Inbetriebnahme ist somit eine Investition in das Gelingen der Energiewende und macht auch sehr gute Fortschritte. Im September gab es den Drucktest, Ende des Jahres sollen Zündversuche folgen. Im ersten Quartal kommt dann die Netzsynchronisation. Wir peilen deshalb unverändert den Sommer 2020 an.
Anderes Thema: Ihr Großaktionär Fortum hat in Russland eine bedingte Genehmigung für die Übernahme erhalten. Eine Vereinbarung mit Hedgefonds würde den Finnen 70,5 Prozent an Uniper sichern. Können Sie etwas zum aktuellen Stand sagen?
Die trilaterale Transaktion zwischen Fortum und zwei Fonds haben wir zur Kenntnis genommen. Wir haben keinen Einblick in die Frage, ob und wann die Ampeln für die Übernahme final auf grün stehen. Wir sind in die Gespräche nicht mit eingebunden – viel mehr kann ich dazu deshalb nicht sagen.
So oder so: Die Zusammenarbeit mit dem Großaktionär Fortum lief bislang nicht gerade reibungslos. Stehen Sie aktuell in Kontakt mit CEO Pekka Lundmark und können Sie etwas zu den Plänen Fortums sagen?
Aktionäre sehe ich grundsätzlich nicht als Problem an. Dennoch liefert die Vergangenheit sicher genug Stoff für eine gute Fallstudie. Wir sind auf einem guten Weg – wir blicken nach vorne und stehen in regelmäßigem Austausch mit dem Management von Fortum.
Fortum ist nun gefragt, Klarheit bezüglich seiner Pläne zu schaffen. Unsere Aufgabe ist klar: Wir müssen Werte für das Unternehmen und alle Aktionäre schaffen. Fortum hat nach eigenen Aussagen einen Beherrschungsvertrag für die nächsten zwei Jahre ausgeschlossen., Wir werden deshalb auch weiterhin das Interesse aller Aktionäre im Blick haben.
Wir sehen Gas als ganz wichtigen Baustein der Energiewende.
Wie wirkt sich die Neuordnung der deutschen Energiewelt durch den Innogy-Deal von E.on und RWE auf Uniper aus?
Grundsätzlich verfolgen alle drei Unternehmen unterschiedliche Ansätze. E.on fokussiert sich auf Netze und Kunden. RWE möchte ein wesentlicher Player bei den Erneuerbaren werden – hat aber noch einen signifikanten Braunkohleanteil. Wir sehen Gas als ganz wichtigen Baustein der Energiewende und sind hier mit unseren Aktivitäten entlang der Wertschöpfungskette Marktführer in Deutschland – auch global sind wir ein wesentlicher Player.
Trotz der unterschiedlichen Ansätze treffen sich die Unternehmen natürlich wieder auf den globalen Handelsmärkten – diese zu verstehen und Werte zu generieren, sehen wir als eine unserer Kernkompetenzen.
Zum Thema Gas: Wo sehen Sie hier Potenzial?
Ich denke, wir sehen in Zukunft bei der Energieerzeugung weiterhin einen Wechsel hin zu Technologien rund um Gas – das können klassisches Erdgas oder die grünen Gase sein. Deshalb glaube ich, die Nachfrage wird uns noch positiv überraschen. Da sehe ich für Uniper noch deutliches Potenzial, wenn die Energiewende so vorangetrieben wird wie bisher.
Sie haben die Dividende bestätigt, aber angekündigt Potenzial für eine höhere Dividende noch dieses Jahr zu sehen. Was bedeutet das konkret?
Das war tatsächlich etwas vage. Wir haben die bisherige Indikation von rund 390 Millionen Euro (Anm. d. Red.: 1,07 Euro je Aktie) für 2019 bestätigt. Diese gelten nun aus unserer Sicht als Mindestdividende – läuft das Geschäft weiter gut, könnte zur Veröffentlichung der Gesamtjahreszahlen noch etwas draufgelegt werden.
Die Indikation für das Geschäftsjahr 2020 beträgt rund 490 Millionen Euro (Anm. d. Red.: etwa 1,34 Euro je Aktie). Grundsätzlich gilt auch zu bedenken, dass Dividendenkürzungen bei Versorgern nicht gerade gern gesehen sind.
Herr Bibert, vielen Dank für das Interview.
Die aktuelle Einschätzung des AKTIONÄR zu Uniper und wie es beim Rivalen RWE läuft, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe 48/19 von DER AKTIONÄR.