Die Delta-Variante hat TUI das Sommer-Geschäft und damit den ersehnten großen Turnaround wohl vermiest. Die Hoffnungen ruhen nun nach der Spanien-Entwarnung auf dem Herbst. Auf jeden Fall sind Kostenkontrolle, wie die jüngste Kurzarbeit-Ankündigung belegt, und auch Liquiditätsschonung oberstes Gebot.
Eine Analyse der Kampagne "Good Business Pays" hat die Top 10 der säumigsten Zahler in den englischen Indizes FTSE 100 und FTSE 250 benannt, wie die britische Independent berichtet. Dabei wurden die neuesten Informationen verwendet, die im Rahmen der Berichtspflichtbestimmungen an die Regierung übermittelt wurden. Das Ergebnis: TUI-England braucht durchschnittlich 101 Tage, um Zahlungen an Geschäftspartner zu begleichen und liegt damit auf einem wenig schmeichelhaften Platz 3. Nur zwei Unternehmen (Meggitt, C&C Group) lassen sich noch mehr Zeit.
Zur Einordnung: Der von der britischen Regierung unterstützte "Prompt Payment Code" sieht eigentlich eine Zahlungsfrist von 30 Tagen vor, doch die Analyse zeigt, dass die FTSE-350-Unternehmen im Durchschnitt 37 Tage brauchen, um kleine Lieferanten zu bezahlen. Nach Angaben der Federation of Small Businesses (FSB) gehen jedes Jahr rund 50.000 Unternehmen aufgrund von Cashflow-Problemen, die durch verspätet zahlende Kunden verursacht werden, in Konkurs.
Die TUI-Aktie notiert am Donnerstag, wenig beeindruckt, in der Nähe des gestrigen Schlusskurses bei 3,65 Euro.
Klar, verspätete Zahlungen halten hohen moralisch-ethischen Ansprüchen beziehungsweise dem Ehrenkodex unter Kaufleuten sicherlich nicht stand. Dennoch ist Corona wohl eine Jahrhundert-Krise, und jedes von der Pandemie stark betroffene Unternehmen kämpft im Grunde erstmal (nachvollziehbar) um seine eigene Existenz.
Für TUI und auch für die Zukunft der Branche ist vielmehr entscheidend, dass Wissenschaft, Medizin und Politik das Virus mittelfristig in den Griff bekommen – damit der Tourismus zusehends gesunden kann. Kurzum: Die Aktie des Reiseveranstalter ist aktuell weder fundamental noch charttechnisch ein Kauf. Aussichtsreichere Werte finden Sie in der aktuellen Ausgabe (36/2021) des AKTIONÄR.