In der vergangenen Woche hat sich Thyssenkrupp mit dem tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky über einen Einstieg bei der Stahlsparte geeinigt. Doch die Arbeitnehmer laufen einmal mehr Sturm gegen die Pläne des Konzerns. Nun gibt es auch von Seiten der Politik klare Forderungen, was die weitere Vorgehensweise angeht.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst von der CDU hat vom Vorstand eine Einbindung der Arbeitnehmer bei der Zukunftsstrategie für die Stahlsparte gefordert. „Ich erwarte, dass die Unternehmensführung einen Zukunftsplan aufstellt, der sich an der erfolgreichen Tradition unseres Landes orientiert: Einbindung der Mitbestimmung, enges Miteinander zwischen den Sozialpartnern“, sagte Wüst der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung.
„Stahl wird weltweit gebraucht – und Stahl hat auch in Nordrhein-Westfalen eine Zukunft“, so Wüst. Diese Zukunft könne vor allem gelingen, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Weg gemeinsam gingen. „Ich gehe davon aus, dass die Führung von Thyssenkrupp das bei den anstehenden Aufgaben berücksichtigt. Dies ist unser klarer Anspruch.“
Heil spricht Klartext
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat das Management im Namen der Bundesregierung ebenfalls aufgefordert, Konzepte für die Stahlsparte vorzulegen. Diese müssten Perspektiven für alle Standorte enthalten, auch für den Duisburger Stahlhersteller HKM, sagte Heil am Dienstag in Duisburg bei einer Protestkundgebung vor Tausenden Beschäftigten aus der Stahlindustrie.
Der Betriebsrat der Stahlsparte und die IG Metall protestierten bei der Veranstaltung gegen das Vorgehen des Managements beim jüngst verkündeten Deal mit dem neuen Miteigentümer EPCG. Sie warfen dem Konzernvorstand um Vorstandschef Miguel López vor, die Arbeitnehmerseite im Vorfeld der Vereinbarung über den Verkauf eines Stahlsparten-Anteils übergangen zu haben. Thyssenkrupp weist die Vorwürfe zurück.
„Dies ist die Stunde der Sozialpartnerschaft und auch der Montanmitbestimmung“, sagte Heil. Niemand könne und dürfe über die Köpfe der Beschäftigten hinweg entscheiden. „Das geht nie gut. Wir sind eine soziale Marktwirtschaft, deshalb gibt es Lösungen nur mit Sozial- und Betriebspartnerschaften und mit Mitbestimmung.“
Zum Einstieg von Kretinsky sagte Heil, dass niemand etwas gegen Investitionen aus dem Ausland habe, wenn es um langfristiges Interesse am Stahl gehe und nicht nur um kurzfristige Profite. „Aber dafür muss Vertrauen geschaffen werden. Wenn Investoren hier antreten, dann müssen sie ihre Interessenlagen klar benennen und müssen auch an den Konzepten mitwirken.“
Einmal mehr zeigt sich, wie kompliziert es ist, für den Stahl eine tragfähige Lösung zu finden. Thyssenkrupp wird sich weiterhin auf viel Widerstand gefasst machen müssen. DER AKTIONÄR wird die Entwicklung genau beobachten. Ein Einstieg drängt sich vorerst aber nicht auf.
Mit Material von dpa-AFX
Hinweis auf Interessenkonflikte
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