Die Papiere von ThyssenKrupp zählen derzeit zu den volatilsten am deutschen Markt. Im Zuge der Corona-Krise hat die Aktie zunächst über zwei Drittel an Wert verloren, ehe vom Tief bei 3,28 Euro eine beeindruckende Erholungsrallye mit einem Plus von 90 Prozent folgte. Gestern fand diese aber ein Ende, die Aktie verlor wieder zweistellig. Dabei ist nach wie vor völlig offen, wie es mit dem Konzern künftig weitergeht.
Der Verkauf der Aufzugssparte spült zwar 17 Milliarden Euro in die Kassen. Doch angesichts der tiefgreifenden Probleme in den verbleibenden Bereichen wie dem Stahl- oder dem Komponentengeschäft dürfte das Geld schnell aufgezehrt sein – zumal milliardenschwere Pensionsverpflichtungen und Nettoschulden in der Bilanz gedeckt respektive getilgt werden müssen.
Noch immer ist Konzernchefin Martina Merz eine Strategie schuldig, wie es danach weitergehen soll. Klar ist lediglich, dass der Stahl wieder eine Kernrolle einnehmen soll. Doch dazu müssen die teilweise maroden Stahlhütten saniert und hohe Investitionen in klimafreundlichere Erzeugungsmethoden getätigt werden. Hinzu kommen die Überkapazitäten in der Branche und die Krise bei wichtigen Kunden aus der Autoindustrie.
Die Corona-Pandemie macht es nun jedoch kaum möglich, Pläne auszuarbeiten. Mögliche Fusionspartner wie Salzgitter haben derzeit andere Sorgen, die Nachfrage bricht weiter ein und Vorhersagen für die kommenden Monate scheinen kaum möglich. Auch Lösungen für den Anlagenbau oder die Komponentensparte, wo Partnerschaften oder Teilverkäufe ausgelotet werden sollten, sind derzeit nicht in Sicht.
Die Bewertung von ThyssenKrupp erscheint günstig angesichts der Milliarden aus dem Aufzugsdeal. Doch die Probleme sind tiefgreifend. Eine Lösung ist nicht in Sicht. Bei ThyssenKrupp geht es ums Überleben. Anleger sollten das Risiko nicht eingehen und eine Long-Position vorerst weiter meiden.
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren: ThyssenKrupp