Nach einem Medienbericht über eine angeblich geplante 50-Prozent-Beteiligung des tschechischen EPH-Konzerns an der Thyssenkrupp-Stahlsparte kommt von der Arbeitnehmerseite Kritik an der Konzernführung. Die Börse hatte vor dem Wochenende positiv auf die Meldungen reagiert.
Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende von Thyssenkrupp Steel, Detlef Wetzel, bemängelte in einem Interview der WAZ, dass die Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat bisher nicht eingebunden worden sei. Der frühere IG Metall-Chef Wetzel sieht den neuen Thyssenkrupp-Vorstandschef Miguel López dafür in der Verantwortung. „Das war López' erster großer Stockfehler“, sagte Wetzel, einen Begriff aus dem Hockeysport aufgreifend.
Laut Handelsblatt führen Vertreter von Thyssenkrupp bereits „vertiefte Gespräche“ mit dem tschechischen Milliardär Daniel Křetínský, der hinter EPH steht. Křetínský solle einen Anteil von 50 Prozent an der Sparte erhalten und die Thyssenkrupp AG in gleicher Höhe beteiligt bleiben. Das Handelsblatt berief sich auf „mehrere mit den Vorgängen vertraute Personen“. Sprecher von Thyssenkrupp und Křetínskýs wollten den Bericht nicht kommentieren.
Grünstrom von Křetínský möglich
Von der Beteiligung verspreche sich die Führung von Thyssenkrupp einen Zugang zu günstigem Strom, hieß es in dem Bericht weiter. Křetínský kontrolliert die ostdeutschen Braunkohleverstromer Mibrag und Leag und plant zudem den Bau von Solar- und Windkraftparks, mit deren Leistung die Stahlwerke mit grünem Strom versorgt werden könnten.
Thyssenkrupp plant den Bau mehrerer Anlagen für eine weniger klimaschädliche Herstellung von Stahl. Für den Betrieb werden große Mengen Wasserstoff benötigt, der in Elektrolyseuren mithilfe von Grünstrom klimaneutral hergestellt werden soll.
Den bisherigen Überlegungen zufolge würden der Konzern und Křetínskýs Firma EP Holding das Stahlgeschäft zusammen führen. „Damit geben wir Sicherheit, dass Thyssenkrupp Steel langfristig bestehen wird“, zitiert das Handelsblatt aus dem Umfeld von Beteiligten. Sollte es zu finanziellen Engpässen kommen, stünden zukünftig zwei Eigner bereit, um Kapital nachzuschießen.
Dass Thyssenkrupp mit Křetínský spricht, war bekannt. Thyssenkrupps Stahlchef Bernhard Osburg hatte sich Anfang September in einem Interview der WAZ offen für einen Einstieg gezeigt. „Da kann natürlich ein strategischer Fit draus werden“, hatte er im WAZ-Podcast Die Wirtschaftsreporter gesagt.
Es war zu erwarten, dass es auch Widerstand oder Kritik an einem möglichen Stahldeal gibt. Doch die Lösung wäre strategisch sinnvoll, das Chartbild hat sich zudem durch den Kurssprung aufgehellt. Spielen Marktumfeld und Konjunktur mit, lässt die Bewertung noch deutlich mehr Luft nach oben. Der Sprung über 7,50 Euro wäre ein starkes Signal.
Mit Material von dpa-AFX
Hinweis auf Interessenkonflikte
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