Es macht keinen Sinn sich Gedanken über die nächste Krise zu machen. Das was sie auslösen wird, ist heute noch vollkommen undenkbar. "Ich war in meiner vorletzten Kolumne auf das Konzept eingegangen Risiko mit Volatilität gleichzusetzen, für das Harry Markowitz den Nobelpreis bekommen hat. Nach seinen Arbeiten war es endlich möglich Risiko zu quantifizieren, ihm eine Zahl zuzuordnen. Der dahinter stehende Gedanke ist, aus den Schwankungen der Vergangenheit die Wahrscheinlichkeit möglicher Bewegungen in der Zukunft zu extrapolieren. So kann man heute genau sagen mit einer Fülle von historischem Datenmaterial, dass bei einer Aktienanlage die Wahrscheinlichkeit bei einer heutigen Investition in einem Jahr zehn Prozent im Minus zu liegen, genau 22 Prozent ist. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 10 Prozent ist man, wenn man heute kauft, in einem Jahr 20 Prozent im Minus. Im Plus ist man übrigens in einem Jahr nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 63 Prozent", sagt Buchautor Thomas Gebert.
Risiko ist quantifizierbar
Die Zukunft kennt natürlich niemand, aber aus den Schwankungen der Vergangenheit errechnet man einfach eine Wahrscheinlichkeit für die Zukunft. "Man setzt einfach voraus, dass das Leben so normal weitergeht, wie es in der Vergangenheit gelaufen ist. Dieser Ansatz, Schwankungsintensität mit Risiko gleichzusetzen, entpuppte sich als äußerst hilfreich für die weitere Entwicklung der Finanzmärkte. Risiko ist damit quantifizierbar, bezahlbar, handelbar. Man kann über Optionen ein Risiko auf andere abwälzen, die bereit sind es gegen eine Prämie zu übernehmen, Dieser geniale Ansatz, Volatilität mit Risiko zu identifizieren, beinhaltet aber einen Schwachpunkt: Er übersieht das Risiko, das sich nicht durch Volatilität vorher ankündigt. Die Anleihen von Lehman Brothers notierten vorher immer bei 100, bis sie eines Morgens nur noch bei null standen. In diesem Fall hätte man aus der Volatilität der Vergangenheit das Risiko für die Zukunft nicht ablesen können. Dieser blinde Fleck war das Problem der Finanzkrise. Es waren nicht die stürzenden Aktienkurse, die die Finanzkrise ausgelöst haben", sagt Gebert.
"Ein undenkbarer Fall"
"Die Aktienkursschwankungen sind in den Risikomodellen eingearbeitet, die kennen wir seit Jahrzehnten. Das Problem waren die sicheren Anlagen. Es war nämlich genau nicht so, wie gewöhnlich schlecht unterrichtete Medien in Deutschland seitdem hetzen, dass gierige Banker, die sich hemmungslos verspekuliert haben, die Finanzkrise ausgelöst hätten. Nichts ist weiter von der Wahrheit entfernt. Im Gegenteil, immobilienbesicherte AAA-Papiere waren über Nacht wertlos geworden. Der undenkbare Fall war eingetreten. Es war so, als wären bei uns Pfandbriefe und Sparbücher von Sparkassen plötzlich Altpapier. Das sicherste vom sichersten hatte sich als Falle entpuppt. Kein Risikomodell hätte das vorher einfangen können. Deshalb wird auch die nächste Krise niemand kommen sehen. Das, was sie auslösen wird, gilt heute noch als vollkommen unvorstellbar. Vor zwei Monaten starb die britische Extrem-Bergsteigerin und Mount-Everest-Bezwingerin Charlotte Fox bei einem Sturz auf ihrer eigenen Kellertreppe. Das größte Risiko lauert genau da, wo man es am wenigsten vermutet", sagt Marktexperte Thomas Gebert.
Mehr zu Thomas Gebert gibt es unter www.gebertbrief.de