Der von Amazon protegierte E-Autobauer ist eines der eindrucksvollsten Beispiele der heftigen Übertreibungsphase an den Börsen im Herbst 2021. Zeitweise war das bis heute unprofitable Unternehmen mit mehr als 150 Mrd. Dollar bewertet und damit ungleich mehr als viele deutlich größere Autobauer. Viel ist vom Hype nicht mehr übrig, jetzt fliegt Rivian auch noch aus dem prestigeträchtigen Technologieindex Nasdaq 100.
Langfristigen Erfolg im hartumkämpften Automobilmarkt will Rivian vor allem mit zwei Modellen haben. Einerseits seinem EDV-Van, der vor allem von Amazon zur Elektrifizierung seiner Transportflotte nachgefragt wird, und andererseits mit dem R1T-Pickup, der vor allem Fords in den USA äußerst beliebten F-150 bzw. dessen E-Version F-150 Lightning Konkurrenz machen soll.
Der Weg dorthin ist allerdings, wie das Unternehmen in den vergangenen Quartalen lernen musste, ein äußerst steiniger. Die Zahl der hergestellten Fahrzeuge und auch der Auslieferungen steigt zwar schnell, von Profitabilität ist Rivian aber noch meilenweit entfernt: Für dieses Jahr befürchtet der Newcomer einen operativen Verlust von 4,3 Mrd. Dollar und plant gleichzeitig mit Investitionskosten in Höhe von zwei Milliarden Dollar - mehr als die Hälfte der aktuellen Cashreserve von 11,2 Mrd. Dollar wird am Ende dieses Geschäftsjahres aufgebraucht sein.
Sollte es Rivian nicht wie vom Management in Aussicht gestellt gelingen, 2024 profitabel zu werden, drohen entweder Kapitalmaßnahmen oder im schlimmsten Fall sogar das Aus des Unternehmens. Die hohe operative Unsicherheit in einem ebenso schnell wachsenden wie hartumkämpften Markt bestimmen daher zurecht das Kursgeschehen. Die Aktie hat seit ihrem Börsengang 85 Prozent an Wert verloren.
Dieser Wertverlust hat nun Folgen. Rivian erfüllt nach seiner anhaltenden Talfahrt nicht mehr die Kriterien für einen Verbleib im Nasdaq 100 und wird daher zum Dienstag kommender Woche ausgetauscht - und zwar gegen den Halbleitertitel ON Semiconductor. Mit dem Ausscheiden aus dem prestigeträchtigen Technologieindex wird Rivian auch aus etlichen ETFs aussortiert werden. Rückenwind für die ohnehin angeschlagene Aktie wird das kaum bedeuten.
Seit seinem fulminaten IPO handelt Rivian in einem hartnäckigen Abwärtstrend und zeigt damit vor allem zwei Dinge an: Die Übertreibungen am Aktienmarkt vor Beginn des Bärenmarktes sowie die operativen Schwierigkeiten, in einem hartumkämpften Markt ein profitables Geschäft auf die Beine zu stellen. Rivian ist keine laufende Empfehlung von DER AKTIONÄR - es gibt schlicht bessere Investments.