Der Countdown läuft. Rocket Internet will am 9. Oktober an die Börse. Zumindest der Start gelingt. Presseberichten zufolge wurden bereits alle Aktien platziert, womit bis zu 1,61 Milliarden erlöst würden. Schon im Vorfeld wurde laut Prospekt mit JP Morgan und Credit Suisse vereinbart, für 583 Millionen Euro Rocket-Internet-Aktien abzunehmen.
Extrem hohe Vorschusslorbeeren
Doch es gibt Risiken. Die Börsenbewertung dürfte bei rund sechs Milliarden Euro liegen. Dem gegenüber stehen Firmenbeteiligungen in Höhe von 2,6 Milliarden Euro. Selbst die großen Internet-Start-ups darunter haben 2013 bei 757 Millionen Euro Umsatz einen Verlust von 442 Millionen Euro eingefahren. Bewertet werden diese Unternehmen mit einem Vielfachen ihrer Umsätze. Grundlage dafür ist meist die bei der letzten Finanzierungsrunde gezahlte Bewertung eines Anteils (welcher im Zweifel prozentual gering sein kann, dafür aber direkte Auswirkungen auf die Gesamtbewertung hat.)
Selbst blutjungen Start-ups wie der 2013 gegründeten Lendico (siehe auch: „Gefahr für Commerzbank und Co“) wird bereits ein Gesamtwert von 120 Millionen Euro (Anteil Rocket Internet: 67 Millionen Euro) zugestanden. „Wir schaffen gerade eine Anlageklasse, die Instituten wie der Deutschen Bank Kunden abnehmen kann“, so Lendico-Chef Dominik Steinkühler gegenüber dem AKTIONÄR. Noch steht der große Durchbruch des Berliner Start-ups aber aus.
Einer der schon größeren elf „proven winners“ von Rocket Internet ist Lamoda. Der Rocket-Internet-Anteil (23,5 Prozent) soll 169 Millionen Euro wert sein. Der Umsatz vervielfachte sich 2013 auf 105 Millionen Euro bei einem negativen EBITDA von 39,3 Millionen Euro. Die Russland-Sanktionen könnten jedoch einen „signifikant negativen“ Effekt auf die Resultate von Lamoda haben, wird auf der letzten Seite im Prospekt mitgeteilt. Immerhin: Im Home-Bereich (home24 etc.) soll sich der Verlust eindämmen.
Erfolgreicher Start
Man will hoch hinaus: Rocket Internet strebt an, die größte Plattform für Internetfirmen außerhalb Chinas und der USA zu werden. Dafür planen die Berliner den Start von jährlich mehr als zehn Internetfirmen.
Zunächst ist das Vertrauen der Investoren da, der Börsenstart verspricht unfallfrei zu verlaufen. Mit dem Emissionserlös kann über Monate und Jahre hinweg investiert werden und Rocket Internet (noch?) verlustreiche e-Commerce-Shops am Leben halten.
Langfristig: Große Herausforderungen
Doch Investoren, die sich in eine Rakete setzen, sollten auf alles gefasst sein. Daran erinnert der obligatorische Risikohinweis im Prospekt: „Fast alle unserer Firmen haben eine geringe operative Historie, sind hochdefizitär, weisen negative operative Cash-Flows aus, haben signifikante Kosten und könnten nie profitabel werden oder Cash generieren. (…) Wir könnten in unseren Zielmärkten nie profitabel werden aufgrund der massiven operativen Komplexität, die wir lösen müssen, darunter die Aufrechterhaltung der umfassenden Logistik, der Liefer- und Zahlungsinfrastruktur, insbesondere in unserem e-Commerce-Geschäft.“
Nur Standard
Ob und wann Altaktionäre abspringen, wird künftig schwer ersichtlich sein: Die Rocket-Internet-Aktie geht in den Entry Standard, die Meldung von Director Dealings ist hier nicht vorgeschrieben.
Der AKTIONÄR veröffentlicht ab Freitag in der neuen Ausgabe 41/2014 Interviews mit Experten sowie eine detaillierte Einschätzung zu Rocket Internet.