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Prof. Dr. Urbach im Interview: "Am Ende des Tages bleibt Bitcoin eine Spekulation"

Prof. Dr. Urbach im Interview:
Foto: Börsenmedien AG
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14.09.2018 ‧ Marco Bernegg

Prof. Dr. Nils Urbach ist Professor für Wirtschaftsinformatik und Strategisches IT-Management an der Universität Bayreuth. Zudem ist er stellvertretender wissenschaftlicher Leiter am Kernkompetenzzentrum Finanz- & Informationsmanagement und der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik sowie Mitgründer des Fraunhofer Blockchain-Labors. DER AKTIONÄR hat mit ihm über die Perspektiven von Bitcoin und Blockchain gesprochen.

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Ist die Blockchain-Technologie mit dem Internet zu vergleichen? 

Ja und nein. Aus meiner Sicht erweitert die Blockchain-Technologie die bisherigen Möglichkeiten des Internets sehr deutlich. Sie ermöglicht den Wandel vom „Internet of Information“, wie wir das Internet in der heutigen Form auch bezeichnen, hin zum sogenannten „Internet of Value“. Das Internet ermöglicht gegenwärtig vor allem den Austausch von Informationen. Wann immer diese Informationen jedoch werthaltig sind, gelangen das Internet und zugehörige Anwendungsfälle an ihre Grenzen, sodass ein Intermediär wie beispielsweise eine Bank in Prozessen zwischengeschaltet werden muss. Mithilfe der Blockchain kann ein Wertetransfer nun auch dezentral ohne eine Zwischeninstanz durchgeführt werden, was die Möglichkeit des Internets stark erweitert. Dass die Erfindung der Blockchain ähnlich wichtig ist wie die Erfindung des Internets – was ja vielfach proklamiert wird –, ist schwer zu sagen und objektiv kaum zu beurteilen. Ich persönlich würde das nicht behaupten, aber Blockchain erweitert die Möglichkeiten des Internets tatsächlich sehr signifikant. 

Ist die Blockchain-Technologie auf alle Branchen anwendbar oder nur auf Bestimmte? Wo sehen Sie das größte Potenzial? 

Grundsätzlich ist die Blockchain erst einmal in allem Branchen einsetzbar. Nichtsdestotrotz kristallisieren sich aber einige Bereiche heraus, in denen Blockchain von besonderer Bedeutung sein könnte. Natürlich beschäftigt sich die Finanzdienstleistungsbranche sehr intensiv mit der Blockchain-Technologie, da diese im Kryptowährungsbereich entstanden ist. Ich denke aber eher nicht, dass dort unbedingt das größte Potenzial zu finden ist. Aus meiner Sicht gibt es andere Sektoren, die mindestens so viel Potenzial bieten. Ein Beispiel wäre für mich die Logistikbranche. In diesem Bereich werden aktuell zahlreiche Anwendungsfälle diskutiert und bereits umgesetzt. Auch der Mobilitätsbereich und der Energiesektor beschäftigen sich sehr intensiv mit Blockchain.

Sind Ihnen hier speziell Unternehmen aufgefallen?

Ich würde kein Unternehmen besonders herausstellen wollen. Es ist aber nicht überraschend, dass sich vor allem große Unternehmen besonders intensiv mit Blockchain auseinandersetzen – speziell die großen Banken, Versicherer, Logistikunternehmen und Energiedienstleister. Viele dieser Unternehmen beteiligen sich in diesem Kontext oftmals an den jeweiligen Branchenkonsortien. Einige Unternehmen kehren ihre Aktivitäten dabei jedoch stärker nach außen als andere. Insofern lässt sich schwer voraussagen, wer am Ende besonders erfolgreich sein wird. Bei den Technologieunternehmen sind meiner Wahrnehmung nach auch alle großen Player aktiv. Die größte Sichtbarkeit hat für mich hier IBM mit seinen Aktivitäten im Hyperledger-Konsortium.

Werden Ihrer Meinung nach Banken disruptiert?

Ich glaube nicht, dass Banken durch Blockchain und Kryptowährungen signifikant an Relevanz verlieren werden. Denn ihr größtes Geschäft ist nicht die Abwicklung von Zahlungsverkehr. Sicherlich werden Anwendungsfälle, in denen Banken vor allem als vertrauensgebende Instanzen agieren, an Bedeutsamkeit verlieren. Doch für klassische Bankfunktionen wie die Bereitstellung von Krediten werden Banken auch in Zukunft weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Gerade in Schwellen- beziehungsweise Entwicklungsländern könnte ich mir aber sehr wohl vorstellen, dass Banken für den Zahlungsverkehr nicht mehr so dringend gebraucht werden.

Thema Regulierung: Überwiegen Chancen oder Risiken?

Aus meiner Sicht überwiegen bei Kryptowährungen die Chancen der Regulierung. Ich glaube durchaus, dass Kryptowährungen eine Zukunft haben – aber ich bin nicht davon überzeugt, dass es die Kryptowährungen sein werden, wie wir sie aktuell sehen. Derzeit werden Kryptowährungen in aller Regel ja nicht als Zahlungsmittel genutzt. Der Bitcoin hat sich mehr zu einem Wertaufbewahrungsmittel entwickelt und man spricht ja nicht ohne Hintergedanken immer wieder vom „digitalen Gold“. Unternehmen würden dieses Zahlungsmittel aktuell nicht nutzen, weil es aufgrund der fehlenden Regulierung keine Geldwertstabilität aufweist. Eine regulierte Kryptowährung würde vor diesem Hintergrund eine große Chance für die unternehmerische Nutzung darstellen. Auf der anderen Seite stehen die liberalen Befürworter des Bitcoin, die für eine freie und unregulierte Währung stehen. Auch diese hat ihre Vorteile, weswegen eine Überregulierung sicherlich vermieden werden sollte, sofern sie bei Währungen wie Bitcoin überhaupt möglich ist.

Würden Sie aktuell investieren? 

Aktuell bin ich eher zurückhaltend hinsichtlich Investments in Kryptowährungen. Die Kurse der meisten Kryptowährungen bewegen sich ja aktuell eher seitwärts. Ich gehe auch nicht davon aus, dass wir in naher Zukunft erneut eine solche Kursexplosion wie im letzten Jahr sehen werden. Das ist aber auch nur eine persönliche Einschätzung meinerseits, am Ende des Tages bleibt es Spekulation.

Vielen Dank für das Gespräch.

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