Offene Baustellen hat Osram einige. Auf der gestrigen Hauptversammlung haben sich die Aktionäre daher auch ordentlich Luft gemacht. Angesichts der roten Zahlen zum Geschäftsjahresauftakt keine Überraschung. Bahnbrechende Neuigkeiten gab es auf der Veranstaltung aber keine – auch nicht in Sachen Übernahmespekulationen. Das könnte sich schon bald ändern.
Die Probleme sind bekannt: Osram leidet unter der Absatzschwäche bei den wichtigsten Abnehmern aus der Automobil- und der Smartphone-Industrie. Die Aktie befindet sich seit Monaten auf Talfahrt. Vom Hoch bei knapp 80 Euro Anfang 2018 ist der Kurs im Tief bis 30 Euro eingebrochen. Seit dem Sommer pendelt die Aktie in einer Range zwischen 30 und 40 Euro seitwärts.
„Auch ich bin mit dem Geschäftsjahr 2018 und dem Aktienkurs nicht zufrieden“, so Vorstand Olaf Berlien bei seiner Rede auf der Hauptversammlung. Seine Planungen seien zu optimistisch s gewesen. „Und das schmerzt mich persönlich.“ Der Firmenlenker richtet den Blick nach vorne und will diese Abhängigkeit reduzieren. Dazu soll der Fokus auf das Photonikgeschäft gelegt werden. Auch das Sparprogramm wurde nochmals verschärft. Rückendeckung vom Aufsichtsrat hat der Firmenlenker: „Osram hat die finanzielle, operative und innovative Kraft, um die notwendige weitere Transformation für künftiges Wachstum erfolgreich voranzutreiben“, so Aufsichtsratschef Peter Bauer.
Neben der Ausrichtung und der operativen Entwicklung stand bei dem Aktionärstreffen natürlich auch die mögliche Übernahme des Konzerns im Fokus – auch wenn der Vorstand hier gleich zu Beginn der Veranstaltung auf die Bremse getreten ist: „Eine weitere öffentliche Diskussion dieses Themas wäre für die Verhandlungsposition von Osram nachteilig. Bitte haben Sie daher Verständnis, dass wir uns heute nicht eingehender zu den laufenden Gesprächen äußern können.“
Zur Erinnerung: Vor wenigen Tagen bestätigte Osram "vertiefte Gespräche" mit den Beteiligungsfirmen Bain Capital und Carlyle Group, die "einen gemeinsamen Erwerb von bis zu 100 Prozent" der Osram-Aktien erwägten. Die wichtige Prüfung der Bilanz (Due-Diligence) dauert dem Vernehmen nach noch bis Ende März. Bis dahin muss dann ein Übernahmeangebot präsentiert werden – oder eben nicht. Noch ist alles offen. „Es ist derzeit noch nicht abzusehen, ob es eine Investition von Bain und Carlyle geben wird“, so Berlien.
Das Fazit hat Bestand: Legt man die übliche Übernahmeprämie von 20 Prozent zugrunde, dann müsste ein Übernahmeangebot klar über 40 Euro liegen. Unterstellt man der Gesellschaft einen erfolgreichen Abschluss der laufenden Transformationsphase und eine Belebung der Umsätze samt einer nachhaltigen Steigerung der Margen, dann könnte sogar eine fünf vor dem Komma stehen - also 50 Euro plus X geboten werden. Das Fazit hat daher Bestand: Anleger sollten „den Fuß“ weiter in der Tür behalten – und zunächst die 1,11 Euro Dividenden ja Aktie einstreichen.