Es war abzusehen: Nachdem der Windkraftanlagenbauer Nordex mit der Vorlage seiner Quartalszahlen nur einen bescheidenen Geschäftsausblick gegeben hat, verlieren auch die Analysten den Glauben an eine baldige Erholung und senken ihre Kursziele. Neue Kursfantasie könnte jedoch von einer anderen Richtung aufkommen. Steckt sie hinter dem Kursaufschwung am Montag?
Geht es nach den Experten von der französischen Großbank Société Générale (SocGen) ist von der Nordex-Aktie in den kommenden zwölf Monaten nicht viel zu erwarten. Analyst Alok Katre hat den TecDAX-Wert von "Hold" auf "Sell" herabgestuft und das Kursziel deutlich von 9,30 auf 6,80 Euro gesenkt. 2019 dürfte wieder schwieriger werden, das operative Ergebnis (Ebitda) sollte dann im Jahresvergleich um 20 bis 25 Prozent sinken, schrieb Katre in einer Studie. Da sich die Wende zum Positiven schlecht vorhersagen lasse, gebe es für Investoren derzeit keinen Grund, die Aktie zu besitzen - trotz aktuell niedriger Bewertung.
Es gibt auch Optimisten
Auch die Analysten von AlphaValue, Independent Research, Kepler Chevreux, Macquarie und HSBC empfehlen den Verkauf von Nordex-Titeln, weitere sechs Finanzhäuser haben den Wert als Halteposition eingestuft. Nur drei der von Bloomberg geführten Analysten halten Nordex derzeit für kaufenswert. Sie glauben an Kursziele von 10 bis 12,60 Euro.
In den Jahren 2015 und 2016 wurde es bereits mehrmals diskutiert: Nordex könnte zu einem Übernahmeziel werden. Diese Übernahmefantasie kommt derzeit wieder auf. "Unter dem Dach eines Konzerns stünden die Chancen möglicherweise besser, um sich nicht nur einigermaßen zu behaupten, sondern auch aggressiv die wachsenden Potenziale nutzen zu können", schreibt Ralf Anders von The Motley Fool. In Zukunft sei es mit dem bloßen Aufstellen von Windrädern nicht mehr getan. Komplette Konzepte samt Zwischenspeicherung und der Einbindung in smarte Energiemanagementlösungen seien künftig mehr gefragt.
Volkswagen als Interessent?
Anders nennt als Interessenten etwa asiatische Elektrotechnik- und Anlegebau-Konglomerate wie Hitachi oder auch amerikanische Energieversorger. Auch Autokonzern Volkswagen könnte sich seiner Meinung nach für Windräder interessieren. Tochter-Konzern MAN hat mit MAN Energy Solutions einen Bereich, der sich auf mächtige Antriebsaggregate, Generatoren und Turbinen spezialisiert hat. Maschinenbau im großen Maßstab - wie bei Nordex. Die neuen großen Windkraft-Turbinen würden sich folglich recht gut im MAN-Portfolio machen.
"MAN Energy Solutions befindet sich mitten im Umbau zu einem System- und Lösungsanbieter", schreibt The Motley Fool. Als wichtige Zukunftsfelder wurden beispielsweise die Umwandlung von Windstrom in Brennstoffe und die Energiespeicherung identifiziert. Gemeinsam mit Renk soll so ein breiter aufgestellter Power-Engineering-Bereich entstehen. Durch eine Übernahme von Nordex würde sich der Umsatz auf einen Schlag fast verdoppeln auf über sechs Milliarden Euro.
Nur kurzfristiges Potenzial
Auch wenn eine Übernahme von Nordex durch einen Maschinenbauer Sinn ergäbe: Ein deutlicher Kursaufschlag bleibt fraglich, ein Investment in Nordex-Aktien sehr spekulativ. Aus eigener Kraft deutlich in die schwarzen Zahlen zu gelangen, bleibt schwierig. Charttechnisch ergäbe sich immerhin Aufwärtspotzenzial, wenn der Abwärtstrend bei 9,50 Euro überwunden werden könnte. Mutige Trader könnten bis dahin versuchen, die Zone zwischen der technischen Unterstützung bei 7,00 Euro und dem Niveau bei gut 9,00 Euro für Kurzfrist-Spekulationen zu nutzen.