Es darf wieder gezockt werden: Eine FDA-Entscheidung haucht der Aktie von Genta neues Leben ein. Das Papier ging in den letzten Tagen unter hohen Umsätzen durch die Decke. Die Anzeichen für eine echte Trendwende oder doch wieder nur heiße Luft?
Im September des vergangenen Jahres berichtete DER AKTIONÄR zum letzten Mal über die Aktie von Genta. Damals hatte das Papier der amerikanischen Biotech-Firma eine fulminante Rallye hinter sich. Innerhalb von drei Wochen hatte der Titel eine Performance von 200 Prozent hingelegt, war ausgehend vom Tief sogar um mehr als 1.300 Prozent gestiegen. Getrieben wurde der Höhenflug damals vor allem durch die Hoffnung auf gute Daten aus einer klinischen Phase-III-Studie mit dem potenziellen Krebsmittel Genasense. Doch diese Hoffnungen bestätigten sich nicht. Genasense erwies sich in der Studie als Flop, die Aktie stürzte Ende Oktober 2009 brutal ab und verlor mehr als 80 Prozent an Wert. Glück hatte, wer der Empfehlung des AKTIONÄRS gefolgt und rechtzeitig ausgestiegen war.
Auf neuem Höhenflug
In den letzten Tagen setzte die Aktie nun zu einem neuen Höhenflug an. Seit Anfang April legte die Notierung um sagenhafte 275 Prozent zu, über 66 Prozent allein am gestrigen Donnerstag. Der rasante Anstieg hat nichts mit Genasense zu tun. Diesmal ruhen die Hoffnungen auf Tesetaxel. Der experimentelle Wirkstoff soll einmal zur Behandlung verschiedener Krebsarten eingesetzt werden, darunter Prostata-, Brust- und Blasenkrebs. Am weitesten fortgeschritten ist die Entwicklung in der Indikation Magenkrebs, für die Experten ein Marktpotenzial von 1,5 Milliarden Dollar jährlich sehen. Hier hat Genta bereits erste klinische Tests der zweiten Phase durchgeführt, aktuell läuft eine zweite Phase-II-Studie, die die positiven Ergebnisse der vorangegangenen bestätigen soll. Einen Teilerfolg, der auch den jüngsten Kurssprung der Aktie erklärt, hat Genta bereits errungen: Die US-Gesundheitsbehörde hat für Tesetaxel den sogenannten "Fast-Track-Status" vergeben.
Vorteil Genta
Dieser "Fast-Track-Status" bietet Genta bei der Entwicklung einige wichtige Vorteile, die allesamt darauf abzielen, ein neuartiges Medikament mit wichtigem klinischem Nutzen möglichst schnell auf den Markt zu bringen. So kann das Unternehmen seine Studien in enger Abstimmung mit der Behörde durchführen, etwaige Mängel, etwa beim Studiendesign, können schon vor Teststart behoben werden. Außerdem kann Genta die für einen Zulassungsantrag relevanten Daten bereits während der Entwicklung nach und nach einreichen. Liegen alle Daten vor, garantiert der "Fast-Track-Status" eine schnellere Bearbeitung durch die FDA. Spätestens sechs Monate nach Abgabe des Antrags gibt es eine Entscheidung. In normalen Fällen kann sich dies bis zu zwölf Monate hinziehen.
Ein langer Weg
Doch bis diese Entscheidung für Genta, Tesetaxel und die FDA ansteht, wird noch viel Wasser den Hudson hinunterfließen. Denn zunächst müssen sich in den Phase-IIb-Tests die bisher erzielten Ergebnisse bestätigen. Danach steht mit den Phase-III-Studien nicht nur die wichtigste, sondern vor allem auch die teuerste Phase der Entwicklung noch bevor. Entsprechende Pläne will Genta der FDA noch im zweiten Quartal unterbreiten. Den finanziellen Kraftakt kann Genta auf Basis der aktuellen Finanzkraft unter keinen Umständen alleine stemmen. Nach einer im März durchgeführten Kapitalmaßnahme verfügt das Unternehmen derzeit über einen Cashbestand von rund 20 Millionen Dollar. Unterstellt man nur einmal den Nettocash-Verbrauch des vergangenen Jahres, dürfte dieses Geld nicht einmal für die kommenden zwölf Monate reichen. Bei entsprechenden Maßnahmen einer Phase-III-Studie würden die Mittel vermutlich noch weitaus zügiger zur Neige gehen. Eine mögliche Lösung des Problems: Genta liefert bestätigende positive Phase-II-Daten und holt sich auf deren Grundlage einen finanzstarken Partner ins Boot. Angesichts eines Börsenwertes von aktuell rund 40 Millionen Dollar wäre Genta sogar ein Übernahmekandidat, den ein Pharmariese aus der Portokasse bezahlen könnte.
Auf ein Neues
Nach der Enttäuschung mit Genasense hat sich Genta nun auf den Weg gemacht, sein Glück mit dem neuen Produktkandidaten Tesetaxel zu suchen. Auch wenn die Erfolgsaussichten auf den ersten Blick vielversprechend sind, gehen diesen Weg nur Anleger mit, die mit dem extremen Risiko des Engagements leben können. Die Ausgaben von Genta sind hoch, die Einnahmen gering, die Kapitaldecke ist dünn. Nach dem Genasense-Flop ist Tesetaxel der einzige Kandidat in der Genta-Pipeline, der zumindest in die mittlere Phase der Entwicklung eingetreten ist. Verläuft diese weiter erfolgreich oder zieht einen finanzstarken Partner an, hat die Aktie das Potenzial, sich zu vervielfachen. Bei einem erneuten Flop droht jedoch der Totalverlust.