Netflix hat am Freitagabend einen neuen Deal verkündet. Gemeinsam mit der FIFA unterzeichnete der Streaming-Anbieter eine Vereinbarung, wonach in den USA nur Netflix ein kommendes FIFA-Top-Turnier zweimal in Folge exklusiv übertragen darf. DER AKTIONÄR beleuchtet die Details und das Potenzial des Deals für Netflix.
Konkret hat sich Netflix die exklusiven US-Rechte für die FIFA Frauen-Weltmeisterschaften 2027 und 2031 gesichert. Damit wird das seit 1991 ausgetragene Turnier erstmals von einem Streaming-Konzern übertragen. Bei der Weltmeisterschaft 2027, die vom 24. Juni bis 25. Juli stattfindet, werden 32 Mannschaften aus aller Welt in zwölf Städten des Gastgeberlandes Brasilien gegeneinander antreten. Der Austragungsort der Frauen-WM 2031 steht noch nicht fest.
Die Übertragung der Spiele ist aber nur der Anfang: Netflix hat sich darüber hinaus verpflichtet, das Event mit einem entsprechenden Rahmenprogramm (Studiosendungen, Reportagen mit hochkarätigen Kommentatoren und sogar einer eigenen Dokumentation über die Top-Spieler des Turniers) aufzuwerten.
Der Deal fügt sich damit Perfekt in Netflix Bestrebungen im Live-Sport fuß zu fassen ein: Letzten Monat schalteten laut Konzernangaben 108 Millionen Menschen ein, um den Kampf zwischen Jake Paul und Mike Tyson zu sehen - das war das meistgestreamte Sportereignis aller Zeiten. Und die Co-Headline-Veranstaltung, Katie Taylor gegen Amanda Serrano, wurde mit 74 Millionen Live-Zuschauern weltweit zum meistgesehenen professionellen Frauen-Sportereignis in der Geschichte der USA. Über die Feiertage stehen zudem die NFL-Weihnachtsspiele Chiefs gegen Steelers und Ravens gegen Texans an. Zudem steht am 6. Januar die Netflix-Premiere von WWE Raw auf der Agenda.
Was Netflix sich den FIFA-Deal kosten ließ, wurde nicht bekannt. Stattdessen lobte FIFA-Präsident Gianni Infantino: „Als große Marke und neuer langfristiger Partner der FIFA hat Netflix ein sehr starkes Engagement für den Ausbau des Frauenfußballs gezeigt. Diese Vereinbarung ist ein deutliches Zeichen für den hohen Stellenwert der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft und des weltweiten Frauenfußballs. Die Partnerschaft zwischen der FIFA und Netflix ist ein wahrhaft historischer Tag für die Übertragung und den Frauenfußball.“
In den USA erfreut sich Frauenfußball einer wachsenden Beliebtheit. In der höchsten Liga im US-Frauenfußfall, der National Women's Soccer League (NWSL) waren 2024 laut Reuters 11.250 Fans im Stadion, sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig stieg die Anzahl der Teams von 12 auf 14. Zum ersten Mal in der Gesichte der NWSL besuchten im Saisonverlauf über zwei Millionen Fans ein Fu0ballspiel. Dies entsprach einem Plus von 44 gegenüber 2023. Im TV sahen die Liga-Spiele derweil 14 Millionen Zuschauer an.
Nachdem Apple TV im vergangenen Jahr einen milliardenschweren, mehrjährigen Streaming-Deal mit der US-Männerfußball-Liga abgeschlossen hatte, schlägt Netflix nun zurück. Dabei setzt Netflix nicht direkt auf die US-Frauenfußball-Liga, sondern gleich auf die FIFA Frauen Weltmeisterschaft. Langfristig könnte sich dieses Engagement auszahlen, wenn das Interesse am Frauenfußball in den USA weiter zunimmt. Bis zum Anpfiff hat Netflix noch knapp zweieinhalb Jahre Zeit.
Geht man davon aus, dass Netflix die höchste US-Zuschauerzahl des letzten Turniers (das Eröffnungsspiel des US-Teams gegen Vietnam mit 5,2 Millionen Zuschauern) konstant verdoppeln kann, könnten rund zehn Millionen Zuschauer nicht nur jedes Spiel, sondern auch die eingeblendete Werbung im Stream verfolgen. Letztere ist für Netflix ein Riesengeschäft: Zwar sind konkrete Zahlen zum werbefinanzierten Abonnement nicht öffentlich verfügbar, doch Analysten schätzen, dass Netflix in den USA derzeit rund 70,44 US-Dollar pro Nutzer an Werbeeinnahmen erzielt. Pro bezahltem Abonnement setzte Netflix in den USA und Kanada zuletzt 17,06 Dollar um.
Unter der Annahme, dass Netflix die Nutzer nicht nur vom Frauenfußball, sondern auch von seinem weiteren Angebot überzeugen und sie ein ganzes Jahr lang an sich binden kann, könnten diese 10 Millionen potenziellen Neukunden einen theoretischen Jahresumsatz von rund 204 Millionen Dollar generieren.
Bei den Anlegern kommt der Deal am Freitag gut an: Die Aktie gewinnt in einem freundlichen Marktumfeld kurz vor Handelsschluss rund ein Prozent und setzt sich damit leicht von der 900-Dollar-Marke ab. Das jüngst markierte Rekordhoch bei 941,75 Dollar bleibt damit weiter in greifbarer Nähe. DER AKTIONÄR rät Anlegern dazu, die Gewinne bei Netflix laufen zu lassen. Dass demnächst alle Fußballspiele inklusive Bundesliga und Champions League nur noch auf Netflix zu sehen sein werden, ist hingegen nicht zu erwarten.