Die überraschende Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) am vergangenen Freitag hat die Märkte tief verunsichert. Manche Beobachter fürchten, dass das der Beginn einer neuen Bankenkrise sein könnte. Die US-Fed will am Montag eine Krisensitzung abhalten. Unterdessen haben sich zahlreiche Experten zu Wort gemeldet. Der Tenor ist fast einhellig.
Die SVB war in der Tech-Szene bei Start-ups in den USA der zentrale Finanzierer. Am letzten Donnerstag meldete das Institut überraschend Kapitalbedarf an. Danach folgte ein Bankrun, der die US-Einlagensicherung FDIC noch am Freitag zum Handeln zwang. Die Behörde hat die geordnete Abwicklung übernommen, das Geldhaus ist insolvent.
Panik macht sich breit
Am Donnerstag war es bereits zum größten Ausverkauf im Bankensektor seit fast drei Jahren gekommen, wie der Einbruch des KBW Bank Index um 7,7 Prozent zeigte. Am Freitag büßte der Index weitere 3,9 Prozent ein. Die Unsicherheit am Markt ist nun hoch, es geht die Angst vor einer neuen Krise im Bankensektor um, denn die Pleite der SVB ist die größte seit der Finanzkrise 2008.
SVB ist keine Bank wie jede andere
Allerdings ist das Finanzinstitut in vielerlei Hinsicht ein Sonderfall: Die SVB vergab besonders riskante Kredite an junge Start-ups, die andere Banken oft nicht vergeben wollten. Die Konzentration auf diesen Sektor war daher sehr groß. Die Probleme, die die Zinswende in diesem Sektor verursachte, holten die SVB als großen Kreditgeber nun ein.
Der Großteil der Experten sieht die Probleme für die Branche daher als begrenzt an. Aus Sicht des Harvard-Professors und früheren amerikanischen Finanzministers Larry Summers sind große Sorgen vor Ansteckungsgefahren übertrieben. Im Sender Bloomberg TV sprach er von „Überreaktion“. Solange die Krise bei der SVB vernünftig bewältigt und Kundengelder ausgezahlt würden, sei von keinen systemischen Risiken für den Bankensektor auszugehen.
Übertriebener Abverkauf?
Auch viele Analysten sehen das ähnlich. Für Erika Najarian, Analystin bei der Bank USB, ist es zwar verständlich, dass sich die Anleger nun von Bankaktien getrennt haben, zumal bereits zuvor mit dem US-Finanzkonzern Silvergate Capital ein Schwergewicht aus dem kriselnden Markt für Digitalwährungen seine freiwillige Abwicklung beschlossen hatte. Es werde jetzt die Spreu vom Weizen getrennt. Das Ausmaß des Kurssturzes am Donnerstag aber könnte übertrieben gewesen sein.
Großbanken könnten profitieren
Denn laut Najarian stellt sich die Frage, warum Anleger auch die Aktien jener Banken bestrafen sollten, die über stabile Giroeinlagen von Privatkunden verfügten. In einer Zeit, in der Finanzierung und Liquidität zu den wichtigsten Anliegen gehörten, seien Geschäftsbanken und insbesondere JPMorgan der beste Ort, um sich als bankaffiner Anleger vor den Problemen der Branche zu „verstecken“. Die Papiere dieser Bank stemmten sich denn auch am Freitag gegen den schwachen Branchentrend und stiegen um mehr als zwei Prozent.
Tatsächlich sind gerade kleinere Finanzinstitute in den USA durch Kursverluste bei Anleihen, die durch die rapide steigenden Zinsen entstanden sind, derzeit am stärksten im Abwärtssog. Am Montag könnte die Fed die Unsicherheit im Markt reduzieren, während des US-Handels ist eine Sondersitzung des Governeursrata geplant. Es werde dabei in erster Linie um Vorschuss- und Diskontsätze gehen, teilte die Fed am Sonntag mit. Die Zentralbank nannte keine weiteren Details.
Denkbar ist auch die Einrichtung eines Sonderfonds durch die US-Behörden, um die Start-up-Branche zu stützen, und Finanzinstitute vor Risiken abzuschirmen. Trotz der Kursverluste der letzten Tage sollten gerade Anleger, die Aktien der großen Wall-Street-Banken, besitzen, Ruhe bewahren. Die Branchengrößen könnten am Ende zu den Profiteuren der Krise gehören, sofern die Folgen der SVB-Pleite bald eingedämmt werden.
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Mit Material von dpa-AFX.