Über viele Monate hinweg litten die Aktie konjunkturabhängiger Firmen wie etwa die Chemieriesen Evonik und BASF oder der Logistikriese deutsche Post unter den Sorgen, dass Deutschland und andere Länder in eine schwere Rezession rutschen würden. Doch diese Ängste dürften übertrieben gewesen sein, wie nun auch die "Wirtschaftsweisen" feststellen.
So hat die deutsche Wirtschaft die befürchtete Rezession nach Ansicht der Experten gerade noch abgewendet. Besonders wegen der stabileren Energieversorgung habe sich der Ausblick leicht aufgehellt, teilte das Gremium am Mittwoch in seiner aktualisierten Konjunkturprognose mit. Insgesamt bleibe die Lage aber angespannt.
Für das laufende Jahr dürfte das Bruttoinlandsprodukt nach Ansicht der Wirtschaftsweisen um 0,2 Prozent wachsen. Zuvor waren sie davon ausgegangen, dass es um denselben Wert schrumpfen wird. Für das kommende Jahr rechnen sie mit einem Wachstum von 1,3 Prozent.
"Der inflationsbedingte Kaufkraftverlust, die schlechteren Finanzierungsbedingungen und die sich nur langsam erholende Auslandsnachfrage verhindern einen stärkeren Aufschwung in diesem und im kommenden Jahr", sagt Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrates.
Eine merkliche Entspannung bei den Verbraucherpreisen ist nach Einschätzung des Gremiums erst im kommenden Jahr zu erwarten. Grund dafür ist, dass steigende Löhne und hohe Erzeugerpreise die Teuerung vorerst stützen dürften, wie Gremiumsmitglied Martin Werding sagte. "Die Inflation kommt zunehmend in der Breite der Wirtschaft an", so Werding. Im laufenden Jahr rechnen die Wirtschaftsweisen mit einer Teuerungsrate von 6,6 Prozent. Im kommenden Jahr werde sie dann auf 3,0 Prozent fallen.
Doch keine Gasmangellage
Vor allem wegen der drohenden Gasmangellage hatten die Sachverständigen im Herbst noch vor erheblichen Abwärtsrisiken gewarnt. In ihrem Jahresgutachten sagten sie der deutschen Wirtschaft deshalb eine Rezession voraus. Allerdings hat sich die Lage an den Energiemärkten seitdem entspannt. Auch die EU-Kommission hatte ihre Erwartungen an die deutsche Wirtschaft zuletzt nach oben geschraubt und geht ebenso wie die Bundesregierung von einem minimalen Wachstum aus.
In der aktualisierten Prognose warnte das Gremium, auch mit Blick auf den kommenden Winter bestünden "erhebliche Risiken" bei der Energieversorgung. "Um die Gasspeicher wieder vollständig aufzufüllen und eine Gasmangellage im kommenden Winter zu verhindern, müssen wir weiterhin umfangreich Energie sparen", sagte die Sachverständige Veronika Grimm. Das gelte selbst dann, wenn Deutschland seine Importe ausweite.
Das Horror-Szenario einer schweren Rezession im Zuge von Energieengpässen ist vom Tisch – dennoch ist die Bewertung vieler Aktien von konjunkturabhängigen Unternehmen im historischen Vergleich immer noch enorm günstig. Langfristig orientierte Anleger können sich daher weiterhin bei Firmen wie der Post (Stoppkurs: 29,00 Euro), BASF (42,00 Euro) oder Evonik (15,00 Euro) positionieren.
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Mit Material von dpa-AFX