Die Online-Werbebranche muss sich nach dem iPhone-Schock auch auf neue Spielregeln bei Smartphones mit dem Betriebssystem Android einstellen. Alphabets Tochter Google als Android-Entwickler kündigte am Mittwoch Maßnahmen für den stärkeren Schutz der Privatsphäre an, die in den kommenden Jahren entwickelt werden sollen.
Die Basis für das bisherige Geschäft mit Online-Werbung auf Smartphones war eine Identifikationsnummer, mit deren Hilfe die Anzeigenbranche Informationen über Interessen eines Nutzers sammeln und für ihn personalisierte Anzeigen spielen konnte.
Doch im vergangenen Jahr versetzte Apple dem Modell einen schweren Schlag: App-Anbieter müssen iPhone-Nutzer nun ausdrücklich um Erlaubnis fragen, wenn sie ihr Verhalten über verschiedene Apps und Dienste hinweg nachverfolgen wollen. Zahlreiche Menschen lehnen dies ab. Unter anderem der Facebook-Konzern Meta bekam das zu spüren und schätzte jüngst, dass die neuen Apple-Regeln in diesem Jahr den Umsatz um zehn Milliarden Dollar drücken könnten.
Google kündigte nun an, zum einen solle das Teilen von Nutzerinformationen mit Dritten - also etwa mit Datenhändlern der Werbeindustrie - eingeschränkt werden. Auch wolle man Lösungen finden, die ohne die bisherige Werbe-ID für die Datensammlung quer durch verschiedene Apps auskommen.
Google kritisiert Apple
Zugleich distanzierte sich Google - ohne Apple beim Namen zu nennen - von der Vorgehensweise des iPhone-Konzerns. Andere Plattformen hätten "barsch" bisherige Mechanismen eingeschränkt, hieß es in einem Blogeintrag. Das sei ohne Alternativlösung ineffizient und schlecht für den Schutz der Privatsphäre und das Geschäft der App-Entwickler. Google wolle stattdessen heutige Funktionen mindestens zwei Jahre unterstützen, während an neuen Lösungen gearbeitet werde.
Android hat im globalen Smartphone-Geschäft einen Marktanteil von mehr als 80 Prozent. Den Rest entfällt auf iPhones. Zugleich ist die Verteilung unterschiedlich von Land zu Land - im lukrativen US-Markt etwa wird der iPhone-Anteil auf rund die Hälfte geschätzt.
Grundsätzlich kommt die Meldung nicht überraschend, Google hat bereits früher angekündigt die Datenschutzeinstellungen bei den Android-Geräten im Sinne der Privatsphäre von Nutzern anpassen zu wollen. DER AKTIONÄR berichtete.
Im Gegensatz zu Apple geht aber Google, dessen Werbegeschäft selbst davon betroffen ist, einen viel sanfteren Weg bei der Umsetzung und gibt allen betroffenen Unternehmen und Werbetreibenden genügend Zeit, um sich darauf einzustellen. Zeitgleich will es währenddessen technische Lösungen erarbeiten, die für alle Beteiligten annehmbar sind. Gut für das Image des Konzerns, der damit sowohl bei seinen Nutzern als auch eigenen Werbekunden Pluspunkte sammelt. DER AKTIONÄR bleibt für das Papier bullish.
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren: Alphabet.