Der Goldpreis steigt – doch die meisten Analysten bleiben bei ihrer skeptischen Meinung. Tom Kendall, Chefanalyst im Bereich Edelmetalle bei der Schweizer Großbank Credit Suisse, sieht einen Kursrutsch bis auf 1.000 Dollar. Daran ändere auch die jüngste Rallye bis über die Marke von 1.300 Dollar nichts.
„Ich glaube, es ist realistisch, dass der Goldpreis noch in diesem Jahr die 1000-Dollar-Grenze testen wird“, sagte Kendall in einem Interview mit dem Fernsehsender CNBC. Als Argument führt er die Erholung der US-Wirtschaft an. Seiner Ansicht nach wird die US-Wirtschaft ein kleines Zwischentief durchlaufen und in der zweiten Jahreshälfte wieder stärker wachsen. Und das wird seiner Ansicht nach den Goldpreis unter Druck bringen.
Auf was Kendall hier baut, ist im Prinzip eine negative Asset-Korrelation. Sprich: Läuft die Wirtschaft und damit Aktien gut, dann ist das schlecht für Gold. Und man müsste dem zustimmen, wenn man Gold nur als sicheren Hafen und als Versicherung gegen die Instabilität des Finanzsystems sieht. Wäre dies die alleinige Daseinsberechtigung von Gold, dann wäre das Edelmetall aus heutiger Sicht wirklich zu teuer. Da die Versicherungsprämie angesichts einer sich stabilisierenden Konjunktur und der schwindenden Angst vor Staatspleiten sich eigentlich reduzieren müsste.
Aber, und das sollte man dabei nicht vergessen, das ist keinesfalls so. Das Edelmetall hat seit Beginn des Jahrhunderts deutlich an Wert zugelegt – und das auch schon vor der Lehman-Pleite. Gold ist, das weiß jeder, nicht beliebig vermehrbar. Im vergangenen Jahr hat man einen deutlichen Transfer vom Westen in den Osten gesehen. Und damit könnte Gold im Westen tatsächlich zu einem raren Gut werden. Die jährliche Inflationierung, also die jährliche neu geförderte Menge im Vergleich zur bereits vorhandenen Goldmenge, beträgt lediglich rund 1,5 Prozent. Mit anderen Worten: Diese Knappheit kann auch nicht einfach durch eine höhere Produktion ausgeglichen werden. Durchaus möglich, dass der alte, preisbildende Grundsatz von Angebot und Nachfrage wieder eine bestimmende Rolle beim Goldpreis einnehmen wird. Und das könnte sich als zusätzlicher Preistreiber herauskristallisieren. DER AKIONÄR sieht eher Kurse im Bereich von 2.000 als von 1.000 Dollar je Unze.