Das US-Repräsentantenhaus hat Sanktionen gegen Firmen im Zusammenhang mit Gazproms Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 auf den Weg gebracht. Die Abgeordneten votierten am Mittwochabend (Ortszeit) mit 377 zu 48 Stimmen für ein Gesetzespaket zum Verteidigungshaushalt, in das das Sanktionsgesetz eingefügt worden war.
Erwartet wird, dass der Senat das Paket noch vor Beginn der Sitzungspause Ende nächster Woche verabschiedet. Ein Termin dafür steht noch nicht fest. Das Weiße Haus hat bereits deutlich gemacht, dass US-Präsident Donald Trump das Gesetzespaket unterzeichnen wird. Die USA argumentieren, dass sich Deutschland mit der Pipeline in Abhängigkeit von Russland begeben würde. Die deutsche Wirtschaft in Russland verurteilte die geplanten Sanktionen als Schlag gegen die Energiesicherheit in Europa und rief die Bundesregierung zu Gegenmaßnahmen auf.
Auch Turkish Stream betroffen
Die Sanktionen im "Gesetz zum Schutz von Europas Energiesicherheit" zielen auf die Betreiberfirmen der hoch spezialisierten Schiffe ab, mit denen die Rohre für die Pipeline durch die Ostsee verlegt werden. Auch Turkish Stream - eine russische Pipeline, die durch das Schwarze Meer Gas in die Türkei bringen soll - wäre betroffen. Die Sanktionen sollen auch für Folgeprojekte beider Pipelines gelten. Das Gesetz sieht vor, dass der US-Außenminister in Absprache mit dem Finanzminister dem Kongress binnen 60 Tagen berichtet, welche Schiffe eingesetzt werden und welche Firmen diese Schiffe zur Verfügung gestellt haben. Gegen Manager der Firmen und deren Hauptaktionäre mit Kontrollmehrheit sollen Einreiseverbote in die USA verhängt werden. Bestehende Visa sollen widerrufen werden. Transaktionen der Betroffenen, die sich auf ihren Besitz oder ihre geschäftlichen Interessen in den USA beziehen, sollen blockiert werden können.
Scheinheiligkeit der USA
Die angeführte Begründung der US-Politiker, Deutschland mache sich zu einer Geisel Russlands, sind natürlich absolut scheinheilig. Den USA geht es nur darum, selbst möglichst viel Fracking-Gas in der EU absetzen zu können. Doch für dieses Vorhaben ist die zweite Ostsee-Pipeline natürlich Gift.
Sorgen um die Energiesicherheit Deutschlands müsste sich ohnehin keiner machen. So betonte Matthias Schepp, Chef der deutsch-russischen Außenhandelskammer: "Deutschland braucht günstige Energiepreise, um mit seinen energieintensiven Industrien im weltweiten Wettbewerb bestehen zu können.“ Die EU hänge bei "nüchterner Betrachtung der Fakten unzweifelhaft weniger vom russischen Gas ab als Russland von den Deviseneinnahmen für in die EU geleitetes russisches Gas". Die Sanktionen würden aber weniger Russland treffen, sondern in erster Linie europäische Unternehmen und deutsche Energieinteressen.
Die Sanktionen der USA könnten die Fertigstellung und Inbetriebnahme von Nord Stream sowie Turkish Stream erschweren und womöglich auch etwas verzögern. Es ist allerdings keine Überraschung, dass die USA zu diesem letzten verzweifelten Mittel greifen, um die Pipeline, welche den eigenen Wirtschaftsinteressen im Wege steht, zu torpedieren.
Da Gazprom-Anleger ohnehin ein starkes Nervenkostüm benötigen, sollten sie sich auch durch diese Meldung nicht verunsichern lassen. Denn die langfristigen Perspektiven für den weltgrößten Erdgasproduzenten bleiben gut. Die günstig bewertete Aktie für mutige Anleger ist daher nach wie vor ein Kauf. Der Stopp sollte bei 5,20 Euro belassen werden.
(Mit Material von dpa-AFX)