Es ist eines der prestigeträchtigsten Pipeline-Projekte für den Erdgasriesen Gazprom: die zweite Ostseepipeline Nord Stream 2. Doch sollten sich die US-Kongressabgeordneten heute dazu entschließen, die Sanktionen gegen Russland weiter zu verschärfen, würde dieses Projekt massiv gefährdet werden.
Denn demnach würden Unternehmen, die sich an russischen Infrastrukturprojekten beteiligen, mit hohen Strafen belegt. Für Gazprom wäre es aber wichtig, für Nord Stream 2 die westlichen Partner Royal Dutch Shell, Wintershall, Uniper, OMV und Engie mit an Bord zu haben. Schließlich will der Erdgasriese noch weitere größere Pipeline-Projekte stemmen, wie etwa die Pipelines nach China oder in die Türkei. Sberbank-Experten schätzen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Umsetzung von Nord Stream 2 im Falle verschärfter Sanktionen auf rund 50 Prozent sinken würde.
US-Eigeninteressen im Visier
Die EU und auch Vertreter der Bundesregierung haben sich zu den verschärften Russland-Sanktionen bereits kritisch geäußert. Zumal dahinter auch wirtschaftliche Interessen der USA stehen dürften. Das Land würde mithilfe von Flüssiggas-Tankern gerne Erdgas nach Europa liefern. Und eine zweite Pipeline, die noch mehr – wohl auch günstigeres – russisches Erdgas nach Westeuropa liefern würde, ist bei diesem Vorhaben natürlich nicht gerade förderlich.
Nur für Mutige!
Sollte der US-Kongress für schärfere Sanktionen stimmen, wäre dies natürlich eine Belastung für Gazprom. Allerdings auch kein Beinbruch. Strategisch wichtiger sind für Gazprom ohnehin die Pipelines nach China, die dem Konzern einen komplett neuen Markt erschließen. In Europa führt ohnehin in den kommenden Jahren wohl kaum ein – günstiger – Weg an russischem Erdgas vorbei. Es bleibt aber dabei: Die Aktie von Gazprom ist weiterhin nichts für schwache Nerven. Hier können nur mutige Anleger mit einem langen Atem einsteigen.