MySpace, ICQ oder StudiVZ – sie alle erlebten ein klassisches Phänomen im Internet. Erst wanderten die jungen Nutzer ab, dann folgte der Rest der Nutzer und dann versanken die Plattformen in der Bedeutungslosigkeit. Und ja: Facebook passiert aktuell das gleiche. Wer hier „Aber Instagram…“ entgegen will, sollte diesen Artikel bis zum Schluss lesen.
Instagram ist Geld wert
Tatsächlich hat Facebook aus den Fehlern seiner Vorgänger gelernt. Mit WhatsApp und Instagram hat der Konzern gleich zwei Plattformen zugekauft, welche die abgewanderten Jugendlichen auffangen. Laut einer Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest, in der Jungen und Mädchen im Alter von 12 bis 19 Jahren aus Deutschland nach ihrem Lieblingsinternetangebot befragt wurden, hat Facebook zwar deutlich an Popularität verloren, Instagram hat dagegen zugelegt. Doch das kann das Unvermeidliche nur abbremsen.
Denn Instagram mit mittlerweile über einer Milliarde Nutzern dürfte 2018 schätzungsweiße 6,84 Werbedollar pro Nutzer (ARPU = Average Revenue Per User) erwirtschaften (Gesamtwerbeumsatz laut Statista für 2018 6,84 Milliarden Dollar). Laut den Geschäftsberichten erwirtschaften alle Facebook-Plattformen dagegen durchschnittlich 6,09 Dollar pro Facebook-Nutzer im vergangenen Quartal. Bei den Umsätzen werden Instagram und Co eingerechnet – bei den Nutzern dagegen nicht.
Schöngerechnet
Interessant ist, wie Facebook hier die Berechnungsgrundlage seiner Kennzahlen beliebig anpasst und damit künstlich aufbläht. Auf 2018 gerechnet, läge laut der Facebook-Berechnung das ARPU bei einem Gesamtumsatz des Konzerns von 55,29 Milliarden Dollar und geschätzten 2,3 Milliarden Facebook-Nutzern zum Jahresende bei etwa 24,04 Dollar.
Aus dem Facebook-SEC Filing: “While ARPU includes all sources of revenue, the number of MAUs used in this calculation only includes users of Facebook and Messenger as described in the definition of MAU above.”
Erfolgt nun die wahrscheinliche Annahme, dass WhatsApp kaum Erlöse beisteuert und rechnet man die Instagram-Erlöse heraus, sollte der Facebook-Umsatz für durchschnittlich einen der 2,3 Milliarden Facebook-Nutzer bei 21,06 Dollar im Jahr 2018 liegen.
21,06 Dollar sind dabei etwas entfernt von den 24,04 Dollar, die der Konzern in seinen Quartalsberichten berechnen dürfte. Doch das wirklich entscheidende ist der Abstand von 21,06 Dollar zu den 6,84 Dollar, die Instagram erlösen dürfte. Dieser massive Abstand zeigt, wie viel Unterschied in Sachen Erlöskraft zwischen Facebook und Instagram liegt.
Das Ende einer Wachstums-Aktie
Die einzig entscheidende Frage ist jetzt: Kann Instagram so rasant wachsen, dass das schwächelnde Wachstum der Hauptplattform ausgeglichen wird? DER AKTIONÄR ist davon nicht überzeugt – und die Facebook-Führung scheinbar auch nicht, da sie die Wachstumserwartungen der Investoren seit mehreren Quartalen versucht abzudämpfen.
Das große Problem: Instagram wird künftig nicht noch schneller wachsen und bei Facebook dürfte sich der schwächelnde Nutzertrend in den wirtschaftlich wichtigen Ländern noch beschleunigen. Driften diese beiden Trends noch weiter auseinander, sollte klar sein was blüht: von Jahr zu Jahr schwächeres Wachstum.
DER AKTIONÄR meint: Die Tage für Facebook als Wachstums-Aktie sind gezählt. Das zeigt der Chart, das zeigt die Bilanz und das sagt die Unternehmensführung. Die Aktie muss neu bewertet werden. Dass Facebook allerdings wie seine Vorgänger fast komplett von der Bildfläche verschwindet, mag für die Plattform in den nächsten Jahren vorstellbar sein, für den Konzern dank Instagram und WhatsApp sicherlich nicht.