Der Jahresstart war nichts für schwache Nerven. In den ersten Wochen 2016 schmierte der DAX um satte 17 Prozent ab. Vom Tief bei 8.699 Zählern setzte dann eine Gegenbewegung ein, die den Leitindex sogar wieder über 9.500 Punkte führte. Liegt damit das Gröbste hinter uns, oder droht ein erneuter Rücksetzer?
DER AKTIONÄR fragte nach bei Dirk Gojny, Volkswirt und Kapitalmarktstratege bei der Essener National-Bank.
Herr Gojny, nach dem schwachen Jahresstart hat sich der DAX zuletzt wieder etwas stabilisieren können. Welche Aspekte sprechen aus Ihrer Sicht für eine erneute Fortsetzung der Talfahrt? Sehen Sie eine Parallele zu 2008?
Dirk Gojny: Um es vorweg zu nehmen, eine Parallele zu 2008 sehe ich nicht. Der Finanzdienstleistungssektor befindet sich in einem deutlich besseren Zustand als es 2007/08 der Fall war. Die Regulierung hat ihren Beitrag dazu geleistet, so dass die Quantität und Qualität bspw. der Eigenkapitalausstattung erheblich verbessert wurde. Sollten sich die konjunkturellen Perspektiven tatsächlich deutlich eintrüben und sich in Richtung einer erheblichen Abschwächung des Wachstums bewegen, dürfte sich die Talfahrt an den Aktienmärkten fortsetzen, denn die Notenbanken haben kaum noch Möglichkeiten, wirksam für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen zu sorgen. Und fiskalpolitisch ist in vielen Regionen ebenfalls kaum noch Spielraum, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das würde zusammen letztlich für eine starke Anpassung der Gewinnerwartungen der Unternehmen führen. Zurzeit sehen wir die Wahrscheinlichkeit für so ein Szenario jedoch als gering an.
Im Umkehrschluss: Woher könnten Impulse für eine nachhaltige Stabilisierung und/oder Fortsetzung der Aufwärtsbewegung kommen?
Zum einen müssten sich die konjunkturellen Erwartungen der Marktteilnehmer müssten stabilisieren. Die Perspektiven der Weltwirtschaft sind nicht schlecht, auch diejenigen Chinas nicht. Die Wachstumsraten schwächen sich ab, was man den Prognosen von IWF, Weltbank oder OECD schon seit langem entnehmen kann. Nichtsdestotrotz wird China trotz aller bekannten strukturellen Probleme kaum auf ein "hard landing" zu steuern. Zum anderen sollte die US-Notenbank hinsichtlich ihres geldpolitischen Kurses klarer werden und an dem Leitzinserhöhungspfad aufgrund der binnenwirtschaftlich getriebenen Konjunkturerholung festhalten. Beides zusammen dürfte sich positiv auf die Stimmung an den Kapitalmärkten auswirken.
Bemühen wir die Glaskugel: Wohin geht die Reise in den kommenden Wochen und auf 12-Monatssicht?
In den kommenden Wochen werden die Schwankungen der Aktienmärkte groß bleiben. Die Fed könnte mit ihrer Geldpolitik Mitte März jedoch für Beruhigung sorgen, so dass es im weiteren Jahresverlauf erst einmal wieder bergauf mit den Aktienmärkten geht.
Vielen Dank für das Gespräch!