Der Energiekonzern E.on ist weiter stark von den hohen Strompreisen beeinflusst. Diese sorgen für positivere Erwartungen im Nicht-Kerngeschäft, sowie hohe Umsätze auf Konzernebene, drücken aber auch aufs operative Ergebnis. Anders als im Auftaktquartal konnte E.on nun bereits einen Teil seiner gestiegenen Kosten an die Kunden weitergeben.
Im Ergebnis werde dies jedoch erst vollständig in der zweiten Hälfte des Jahres sichtbar werden, teilte der DAX-Konzern am Mittwoch in Essen mit. Konzernchef Leonhard Birnbaum nannte es insgesamt "ein solides Halbjahresergebnis". Die Aktie büßte im frühen Handel zunächst bis zu zwei Prozent zu, drehte zuletzt aber ins Plus.
Seit dem Jahrestief von 7,716 Euro von Anfang Juli ging es inzwischen wieder ein Fünftel nach oben. Analysten äußerten sich zufrieden. Die Zahlen stimmten zuversichtlich, schrieb Vincent Ayral von der US-Bank JPMorgan. Auch sein Kollege Alberto Gandolfi von der US-Investmentbank Goldman Sachs lobte: Der Energiekonzern habe die Erwartungen solide übertroffen. Er erwartet, dass sich die beschlossene Gasumlage positiv auf E.on auswirken wird.
Bis Ende Juni ging der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von E.on um 15 Prozent zurück auf 4,1 Milliarden Euro, auch weil der Vorjahreszeitraum von positiven Sondereffekten beeinflusst war. Den größten Anteil trug das Netzgeschäft bei, das jedoch durch milderes Wetter und höhere Kosten für Netzverluste belastet wurde.
Auf Konzernebene sank der bereinigte Überschuss um ein Fünftel auf 1,4 Milliarden Euro. Die wirtschaftliche Nettoverschuldung ging von 38,8 Milliarden Euro zum Jahresende 2021 auf jetzt 37,4 Milliarden Euro zurück. Dieser Zugewinn an finanziellem Spielraum ist laut Eon vor allem das Ergebnis der gestiegenen Zinsen, die zu einer Verringerung der Pensionslasten führen. Außerdem war auch der operative Mittelzufluss im zweiten Quartal wieder positiv.
In seinen Kerngeschäftsfeldern bestätigte E.on seine Jahresprognose. Im Nicht-Kerngeschäft erwartet das Management dank der gestiegenen Energiepreise jetzt 200 Millionen Euro mehr und hob die Spanne für das bereinigte operative Ergebnis auf 0,8 bis 1 Milliarde Euro. In dem Bereich bündelt E.on den Rückbau der deutschen Kernkraftwerke, die von der Einheit Preussenelektra gesteuert werden, sowie das Erzeugungsgeschäft in der Türkei.
Die E.on-Aktie hat sich in den vergangenen Wochen wieder freundlicher präsentiert. Gelingt nun der Sprung über die 90-Tage-Linie könnte das Papier durchaus bald wieder zweistellig notieren. Dennoch bleibt der Favorit des AKTIONÄR in der Versorgerbranche der Wettbewerber RWE, der mit seinem starken Portfolio bei grünen Energien und der attraktiven Bewertung größeres Wachstumspotenzial hat.