Die Deutsche Post – das klingt noch ein wenig verstaubt. Es klingt noch nach dem alten Staatsbetrieb, der sich auf die Zustellung von Briefen konzentriert hat. Nach einem aufgeblähten Beamtenapparat. Doch das ist der Konzern längst nicht mehr. Mittlerweile hat sich das Unternehmen zu einem modernen, profitorientierten Logistikunternehmen gemausert. Ein 20-jähriger Konzernumbau ist mittlerweile nahezu vollständig abgeschlossen. „Dass die Post heute noch mit einem Bewertungsabschlag zur Peergroup gehandelt wird, ist meiner Meinung nach nicht mehr gerechtfertigt“, sagt Guido Hoymann, Analyst beim Bankhaus Metzler, im Gespräch mit dem AKTIONÄR.
Tatsächlich ist aus der Post mittlerweile ein international agierender Dienstleister geworden. Zu den besonders relevanten Konkurrenten zählen Fedex und UPS. Und während der Markt den beiden Mitbewerbern ein KGV von 20 auf Schätzung der Gewinne für das laufende Jahr zugesteht, wird die Deutsche Post mit lediglich einer Gewinnmultiplen von 15 bewertet. „Die Deutsche Post profitiert von der Globalisierung und dem damit einhergehenden höheren Warenverkehr“, sagt Hoymann. „Die Deutsche Post ist in vielen Bereichen Marktführer und wird von den globalen Wachstumstrends profitieren.“ Dabei sollten Anleger auch bedenken, dass die Markteintrittsbarrieren sehr hoch seien. Ein komplettes Logistiknetz weltweit aufzubauen, sei mit einem extrem hohen Kapitalbedarf verbunden. Von daher ist für die meisten Geschäftsfelder der Post nicht mit einer Verschärfung des Wettbewerbs durch neue Anbieter zu rechnen.
Die ganze Welt in wenigen Stunden
Das Kronjuwel im Konzern ist sicherlich das weltweite Express-Geschäft. „Das ist ein sehr konjunkturrobustes Geschäft“, sagt Hoymann. In diesem Geschäftsfeld werden vorwiegend dringend und umgehend benötigte Güter verschickt. Der gesamte Bereich profitiert davon, dass die Produktion sich vielfach ins Ausland verlagert hat. „Dadurch, dass es neben der Post nur UPS und Fedex als relevante Wettbewerber gibt, handelt es sich nahezu um eine oligopolistische Struktur“, sagt Hoymann. Entsprechend hoch sind die Margen in dieser Sparte. Das zeigt sich auch mit Blick auf die nackten Zahlen. Obwohl umsatzmäßig die kleinste der vier Sparten bei der Post, trägt das Express-Geschäft den höchsten Anteil zum EBIT bei. Nach neun Monaten lag die Umsatzrendite der Express-Sparte bei 10,0 Prozent. Die Division „Post – eCommerce – Parcel“ brachte es auf 7,7 Prozent, „Global Forwarding, Freight“ auf 2,0 und „Supply Chain“ auf 2,8 Prozent.
E-Commerce als Wachstumstreiber
Etwas größere Probleme hatte die Post im klassischen Postgeschäft. Kein Wunder: Viele Briefe wurden in den vergangenen 20 Jahren durch E-Mails abgelöst. Doch hier hat sich – zum Glück für die Deutsche Post – ein neues Geschäftsfeld aufgetan: E-Commerce. Und dieses Geschäftsfeld wächst rasant und ist für Deutsche Post DHL besonders wichtig. „Wir denken, dass wir hier in den nächsten Jahren weiterhin dynamisches Wachstum sehen werden. Das zeigt auch die Deutsche-Post-DHL-Studie ,Global E-Tailing 2025‘, die prognostiziert, dass der Onlinehandel in den kommenden zehn Jahren nicht nur in den Industrienationen noch stärker als bisher angenommen an Bedeutung gewinnen, sondern auch die Handelswelt in den Entwicklungs- und Schwellenländern maßgeblich beeinflussen wird“, sagt Pressesprecherin Christina Neuffer auf Anfrage. Bereits heute mache der E-Commerce acht Prozent des gesamten Handelsvolumens in Europa aus. Bis zum Jahr 2025 könnte dieser Anteil in den entwickelten Volkswirtschaften bis auf 40 Prozent, in den Schwellenländern bis auf 30 Prozent steigen. Gute Aussichten also für die Logistikunternehmen. „Um von diesem Trend – auch außerhalb Deutschlands – bestmöglich zu partizipieren, konzentriert sich die neue Deutsche-Post-DHL-Strategie 2020 neben Wachstum in den Emerging Markets auf die konsequente internationale Expansion des erfolgreichen Paketgeschäfts“, sagt Neuffer. In diesem Zusammenhang müssen Anleger auch die Meldung sehen, wonach die Deutsche Post bis zum Jahr 2020 bis zu 10.000 neue Stellen bei der Paketzustellung schaffen will.
Portoerhöhung – eine kleine Hilfe
Allein die jüngste Portoerhöhung wird die Einbußen im Briefgeschäft übrigens nicht wettmachen. Allerdings geht Hoymann davon aus, dass die Portoerhöhung gemeinsam mit dem boomenden Geschäft mit Päckchen und Paketen dazu führt, dass die Einbußen ausgeglichen werden. Auf mittlere Sicht sollte der E-Commerce-Handel dazu führen, dass Umsatz und Gewinn in der Sparte wieder steigen.
Ölpreis – ein unerwarteter Segen?
Auf den ersten Blick könnte die Deutsche Post zu den großen Gewinnern des Ölpreisverfalls und der damit einhergehenden niedrigeren Spritpreise sein. Immerhin setzt das Unternehmen vor allem in der Paketsparte DHL eine ganze Fahrzeugflotte ein. Doch Hoymann warnt vor zu viel Euphorie. „So groß wird der Einfluss nicht sein“, sagt er. Er selbst rechnet mit Einsparungen von rund 200 Millionen Euro. Das deckt sich auch mit dem, was Pressesprecherin Neffer sagt: „Der Nettoeffekt auf das Konzernergebnis ist eher klein.“ Allerdings könnten langfristig niedrigere Ölpreise zu einem höheren Handelsaufkommen führen, was wiederum zu höheren Volumina in der Logistikbranche führen würde.
Größere Probleme gab es zuletzt noch im Speditionsgeschäft. „Die Erneuerung der IT hat in diesem Bereich zu Gewinnrückgängen geführt“, sagt Hoymann. Das müsste langsam erledigt sein und der Gewinnrücksetzer müsste wieder aufgeholt werden. Damit dürfte sich auch die magere Marge wieder erholen. Zu hohe Erwartungen sollte man aber in diesen Bereich dennoch nicht haben, da es auf diesem Markt viele kleinere Anbieter gibt, die teilweise auch flexibler agieren könnten als die Deutsche Post.
Aufholpotenzial
Die Deutsche Post ist ein moderner Logistikkonzern. E-Commerce und die Express-Sparte beflügeln das Geschäft. Der Bewertungsabschlag zur Konkurrenz ist nicht gerechtfertigt. Das Papier hat Aufholpotenzial.