China erlebt den zweiten Börsen-Crash in einer Woche. Die Aktienmärkte rund um den Globus reagieren mit deutlichen Abschlägen. Der DAX steuert auf den schwächsten Jahresstart seit über 25 Jahren zu. Aber warum eigentlich?
Die stotternde Konjunkturlokomotive China bereitet den Anlegern schön länger Kopfschmerzen. Die Wachstumsaussichten für China haben sich eindeutig eingetrübt. Die Zeiten zweistelliger Wachstumsraten im Reich der Mitte sind vorbei – die Regierung selbst geht noch von einem Zuwachs um 6,8 Prozent aus. Experten halten das allerdings das für viel zu optimistisch – ein Wachstum von rund fünf Prozent wird diskutiert.
Warum zieht das Börsenbeben in China den deutschen Markt mit runter?
Das im Reich der Mitte ist nach den USA die zweitwichtigste Volkswirtschaft der Welt. China steht für rund 15 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Vor allem die deutschen Exportfirmen sind auf den gewaltigen Absatzmarkt angewiesen. Nach Berechnungen der Deutschen Bank erwirtschaften die 30 DAX-Konzerne im Durchschnitt neun Prozent ihrer Umsätze und sogar 15 Prozent der Gewinne in China. Dementsprechend groß ist die Sorge, dass Chinas Wirtschaft eine harte Landung hinlegt.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Crash und US-Zinswende?
Das ist zumindest denkbar. Im Dezember hatte die US-Notenbank Fed erstmals seit der Finanzkrise die Zinsen von der Nulllinie angehoben. Einige Experten hatten vor einer Kapitalflucht aus den Schwellenländern gewarnt, denn höhere Zinsen in den USA machen die Geldanlage andernorts weniger attraktiv. Tatsächlich stürzte Chinas Währung Yuan (Renminbi) am Donnerstag auf den niedrigsten Stand seit fast fünf Jahren ab.
Welche Verantwortung trägt die chinesische Führung für die Turbulenzen?
Viele Experten sehen eine Mitverantwortung. Seit Jahresbeginn gilt in China eine neue Regelung, nach der bei starken Kurseinbrüchen der Handel vorübergehend ausgesetzt oder sogar ganz eingestellt wird - eigentlich eine Notfallmaßnahme, die aber die Anleger möglicherweise zusätzlich verunsichert. Diese Regelung wurde heute Nachmittag aber zunächst wieder ausgesetzt. Mit massiven Aktienkäufen über staatlich kontrollierte Fonds haben die Behörden seit Montag zudem versucht, den Kursverfall aufzuhalten. "Es besteht das Risiko für die chinesische Administration, dass sie das Vertrauen, das ihr bislang für die zahlreichen Reformschritte und die Öffnung des Landes entgegengebracht wurde, verspielt", sagt Dirk Gojny, Analyst bei der National-Bank.
Wie geht es weiter mit dem DAX?
Die China-Turbulenzen gleich zu Jahresbeginn sind ein schlechtes Omen: Experten rechnen in diesem Jahr mit starken Schwankungen bei den Kursen. Ein Ende der Billiggeld-Flut insbesondere der Europäischen Zentralbank (EZB) ist aber nicht in Sicht – das wiederum begünstigt Aktien. Zudem nimmt die Wirtschaft in der Eurozone Fahrt auf - so ist die Arbeitslosenquote im November auf den niedrigsten Stand seit mehr als vier Jahren gefallen.
Was sagt die Charttechnik?
Der DAX glitt heute durch die psychologisch wichtige Marke von 10.000 Punkten wie ein heißes Messer durch Butter. Nach dem Bruch dieser wichtigen Unterstützung droht bald auch der seit fünf Jahren gültige Aufwärtstrend zu kippen. Die entsprechende Trendlinie verläuft bei etwa 9.720 Punkten und ist damit keine zwei Prozent mehr entfernt. Auf Basis einer sogenannten "Measured-Move-Projektion" ergibt sich ein Kursziel von 9.550 Zählern. Dieses lässt sich dadurch ableiten, indem man den Kursrutsch von Anfang Dezember (circa 1.310 Punkte) an das jüngste Verlaufshoch bei 10.860 Punkten anlegt. Sollte auch hier noch nicht Schluss mit dem Abgabedruck sein, rückt das Verlaufstief bei 9.310 Zählern ins Visier.
(Mit Material von dpa-AFX)