Neben den geopolitischen Ereignissen hatte vor allem die Zins- und Inflationsentwicklung die Aktienmärkte zuletzt fest im Griff. Mit der Aussicht auf ein Ende des Zinszyklus und auf wieder fallende Zinsen im kommenden Jahr hat die Risikobereitschaft der Investoren spürbar zugenommen. DER AKTIONÄR sprach mit Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei Donner & Reuschel, ob sich dieser Trend im kommenden Jahr fortsetzt und was auch 2024 für den Kauf von Aktien spricht.
Worauf müssen sich die Anleger 2024 beim DAX und an den US-Börsen einstellen?
Die Börsen dürften weiterhin von einer Gemengelage teils schwer berechenbarer Einflussfaktoren bestimmt werden. Neben geopolitischen Ereignissen, der globalen Konjunkturdynamik und der Zinsentwicklung spielt aber auch die notwendige Transformation von Unternehmen und Volkswirtschaften in zukunftsfähige Geschäftsmodelle eine Rolle. Daraus resultieren voraussichtlich enorme Investitionen beispielsweise in neue Technologien. Hinzu kommt im Laufe des Jahres sicher auch ein besonderer Fokus auf den US-Präsidentschaftswahlkampf.
Die Notenbanken in den USA und in Europa haben die Leitzinsen zuletzt nicht weiter angehoben. Welche Entwicklung erwarten Sie hier für das kommende Jahr?
Der Leitzinsgipfel dürfte in beiden Fällen erreicht sein. Wir gehen davon aus, dass die Inflationsraten im Zuge einer allgemein schwachen Konjunktur stärker fallen, als es heute vielfach erwartet wird. Daraus resultiert die Möglichkeit von Leitzinssenkungen, gegebenenfalls schon ab dem Frühjahr 2024.
Was spricht am Ende auch 2024 für den Kauf von Aktien?
Ich sehe zwei Kernargumente: Einerseits rechne ich schon zum Jahresende mit einer intensiven Diskussion an den Börsen über den Zeitpunkt der ersten Leitzinssenkungen. Wenn parallel die Zinsen bei längeren Laufzeiten nachgeben, wird der seit dem Sommer wichtigste Belastungsfaktor für die Aktienmärkte abgemildert. Andererseits werden Staaten und Unternehmen zur Umsetzung der Transformation von Geschäftsmodellen, aber auch um dem Klimawandel und dem Fachkräftemangel zu begegnen und um Lieferketten sowie die Energieversorgung resilienter aufzustellen, in den kommenden Jahren massiv investieren müssen. Davon werden viele Unternehmen profitieren.