Daimler stand bereits vor der Coronavirus-Pandemie vor schweren Aufgaben. Doch nun muss der seit knapp einem Jahr amtierende Vorstandschef Ola Källenius alle Register ziehen: das Geld im Konzern halten, die Produktion und den Vertrieb wieder hochfahren, Elektroautos auf die Straße bringen, die Kosten senken. Die Aktie hat sich in den letzten Wochen von ihren Tiefs gelöst - wie geht es mit dem Papier weiter?
Kosten runter, Modellpalette straffen
Källenius Strategie: Die zu hohen Kosten runter, die Modellpalette straffen, Investitionen kappen. Mehr als Zehntausend Jobs werden gestrichen, darunter jede zehnte Stelle in den Führungsebenen. Die Personalkosten sollen bis Ende 2022 so um 1,4 Milliarden Euro sinken. Auch die Materialkosten sollen runter, die allein in der Pkw- und Van-Sparte 45 Milliarden Euro im Jahr verschlingen.
Schwache Marge
Erst 2022 würde Daimler bei Mercedes-Benz Pkw und den Vans wieder eine Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern von 6 Prozent schaffen. Das ist im Branchenvergleich nicht gerade üppig - und wird schon gar nicht dem Anspruch der Stuttgarter an sich selbst gerecht.
Nun aber ist die Welt noch einmal eine ganz andere. Die Coronavirus-Pandemie hatte zuerst die Autoproduktion und den Verkauf in China zeitweise lahmgelegt, jetzt versucht sich der Konzern auch in Europa und Nordamerika wieder aus dem Stillstand zu befreien und die Werke hochzufahren.
Neue Kreditlinie
Der April dürfte nahezu ein komplett verlorener Monat sein. Und niemand weiß, wie schnell die Kunden wieder Autos kaufen, nachdem die Autohäuser in Deutschland und anderswo ihre Verkaufsräume wieder öffnen. Vorsichtshalber hat Finanzchef Harald Wilhelm Anfang April mit Banken eine zusätzliche Kreditlinie über 12 Milliarden Euro vereinbart, um den Laden am Laufen zu halten.
Autogipfel am Dienstag
Ob der Staat womöglich eine Kaufprämie auslobt, um die Geschäfte in der für die Volkswirtschaft wichtigen Industrie wieder anzuschieben? Eine erste Richtung könnte der Autogipfel am Dienstag zeigen.
Wichtige Branchenvertreter haben sich bereits dafür ausgesprochen, darunter Schwergewicht Volkswagen, Rivale BMW und auch der Lobbyverband VDA. Vorbild wäre demnach die Abwrackprämie aus Zeiten der Finanzkrise. Aber auch eine Mehrwertsteuersenkung ist Experten zufolge denkbar. Streit droht um die konkreten Bedingungen: Sollen auch Verbrenner bezuschusst werden, wenn doch vor allem Elektroautos für sinkende CO2-Emissionen sorgen sollen?
Auch wenn einige Fragen offenliegen, was die Zahlen für das erste Quartal angeht, so steht fest, dass es Daimler weitaus schlimmer hätte treffen können. im zweiten Quartal wird Daimler ins Minus rutschen.
Der Markt hat das bereits eingepreist. Die Gründe, warum die Aktie von Daimler in der Krise stärker unter die Räder kam als die Papiere von Volkswagen und BMW sind vielschichtig:
Daimler hat unter anderem einen sehr hohen Anteil an Nutzfahrzeugen. Außerdem ist Daimler im Vergleich zu VW und BMW stärker von Nordamerika abhängig. Hinzu kommt ein im Vergleich zu VW und BMW schlechteres Kostenmanagement.
Die Nummer 1 unter den europäischen Automobil-Aktien bleibt VW. Was Daimler betrifft, so wäre aufgrund der hohen Kosten durch die Investitionen in die Elektromobilität und autonomes Fahren eine engere Zusammenarbeit mit dem chinesischen Partner Geely durchaus sinnvoll. Das könnte der Aktie neuen Schub verleihen. Anleger versuchen bei Kursen um 27 Euro zum Zug zu kommen,
(Mit Material von dpa-AFX).
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