Am Donnerstag um 18 Uhr wird Daimler seine neue Elektro-Limousine EQS vorstellen. Die Erwartungshaltung ist hoch. Schließlich will CEO Ola Källenius nicht weniger als die führende Position bei Elektroantrieben und Fahrzeugsoftware erreichen. Die UBS und Warburg Research bleiben für die Aktie weiter optimistisch…
Wenn der Autobauer Daimler der Welt am Donnerstag seine neue Luxuslimousine präsentiert, ist das mehr als eine gewöhnliche Produktpremiere. Die futuristisch anmutende Elektro-S-Klasse mit dem Namen EQS soll beim Stuttgarter Traditionskonzern nicht weniger als den Aufbruch in ein neues Zeitalter verkörpern - und damit auf lange Sicht auch helfen, die Zukunft des milliardenschweren Unternehmens zu sichern.
Der EQS könnte in Bezug auf technische Merkmale, Design und Qualität einen neuen Maßstab für Elektroautos im Premium-Segment setzen.
"Mit unserem EQS haben wir eine völlig neue, zukünftige Generation von Luxusautos geschaffen."
"Die Bedeutung des EQS für den Ruf von Daimler als E-Auto-Bauer ist immens", sagt Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer. Das neue Fahrzeug sei zugleich Technologieträger und Symbol für die Innovationsfähigkeit des Konzerns. Das ist umso wichtiger, weil Daimler bisher kaum als E-Auto-Vorreiter in Erscheinung getreten ist. Vielmehr werfen Kritiker dem Konzern vor, zu lange an eine goldene Zukunft von Benzin- und Dieselautos geglaubt und wertvolle Jahre bei der Entwicklung von E-Autos verschlafen zu haben.
Inzwischen hat Konzernchef Ola Källenius wortgewaltig die Aufholjagd eingeläutet. Daimler strebe nicht weniger als "die führende Position" bei Elektroantrieben und Fahrzeugsoftware an, verkündete er im Herbst. Ob das angesichts des technologischen Vorsprungs großer Konkurrenten realistisch ist, bleibt dahingestellt: Nicht nur in den USA (Tesla und China (Nio, Baidu), sondern auch in Europa selbst ist die E-Auto-Konkurrenz inzwischen riesig.
Etablierte Hersteller müssen sich im E-Zeitalter nicht nur mit langjährigen Konkurrenten messen, sondern auch gegen Digitalkonzerne wie Google, Apple oder Alibaba bestehen. Diese bewegten sich immer stärker in das Feld der Automobilbauer hinein, sagt Stefan Bratzel, Direktor des Instituts Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. Es handle sich um "einen Kampf der Welten" zwischen etablierten Autobauern und modernen Technologiekonzernen.
Bei E-Autos sei die Bedeutung von Softwarekompetenz inzwischen noch wichtiger als die reine Automotive-Erfahrung. Dudenhöffer urteilt: "Fahrzeugsoftware wird das beherrschende Thema der nächsten 20 Jahre. Und Fahrzeugsoftware ist kein preisgünstiges Vergnügen."
Kein Wunder, dass auch Daimler große Summen investiert, um einen konkurrenzfähigen E-Softwarebaukasten für seine Elektromodelle bauen zu können. Technologisch basiert der EQS auf einer neuen reinen Elektroauto-Architektur namens EVA, die in Kürze auch in weiteren Elektromodellen verbaut sein soll. Zudem ist eine zweite E-Fahrzeugplattform namens MMA in Planung, diese soll ab 2025 bereitstehen.
Hochkomplexe Softwareplattformen für E-Autos sind wichtig, weil sie im engen Markt den Unterschied machen können. Lange hätten vor allem die deutschen Hersteller versucht, ihre alten Verbrennermodelle in E-Autos umzumodeln und mit zahlreichen dezentralen Steuereinheiten zu arbeiten, sagen die Mobilitätsforscher Ellen Enkel und Karsten Neuberger von der Uni Duisburg. Doch inzwischen hätten die meisten umgedacht. Denn eine zentrale Softwareplattform ermögliche nicht nur schnellere Updates, sondern biete auch mehr Variabilität und Funktionalität. "Ein Beispiel sind die Fahrerassistenzsysteme, die teilautonomes Fahren ermöglichen."
Beim EQS handle es sich um die "bedeutendste Mercedes-Neuvorstellung der letzten zehn Jahre", sagt Dudenhöffer. Das neue Flaggschiff fällt optisch durch seine rahmenlosen Türen, eine nahtlos in die Motorhaubenpartie übergehende Frontscheibe und ein 1,41 Meter breites Display im Inneren auf. Källenius bezeichnete den fünf Meter langen Wagen, der im Sommer in die Autohäuser kommen soll, vor der Premiere als "spektakulär". So etwas habe "die Welt noch nicht gesehen", kündigte er in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" an.
Daimler sichert den Kunden eine Batteriereichweite von bis zu 770 Kilometern nach dem neuen Prüfstandard WLTP zu. Auch bei der Aerodynamik und den Ladezeiten sind die Versprechen groß.
Die S-Klasse war und ist der erfolgreichste Pkw der Oberklasse und diente bei Mercedes immer als Vorreiter für neue Technologien
Die Markteinführung der EQS-Limousine durch Mercedes-Benz könnte die Wahrnehmung des Daimler-Konzerns von einem "alten" Erstausrüster zu einem Hersteller von batterieelektrischen Luxusfahrzeugen weiter verändern, was von den Anlegern geschätzt werden sollte, so die Deutsche Bank.
Viele Analysten haben zuletzt ihre Kursziele nach oben geschraubt. Am Donnerstag hat die UBS ihr Kursziel auf 78 Euro angehoben. Warburg Research sieht sogar Potenzial bis 97 Euro.
JPMorgan und die SocGen ihre Kursziele für die Daimler-Aktie vor wenigen Tagen bestätigt beziehungsweise nach oben revidiert.
Die Sparte Mercedes-Benz Pkw habe im ersten Quartal großartig abgeschnitten, so JPMorgan-Analyst Jose Asumendi. Sein Kursziel lautet 92 Euro.
Eine Schippe drauf legte die französische Großbank Societe Generale (SocGen). Analyst Stephen Reitman hat das Kursziel für Daimler vor der Präsentation der neuen Elektroauto-Limousine EQS von 80 auf 100 Euro angehoben.
Anleger dürfen auf die Präsentation des EQS gespannt sein. Das Modell dürfte im Segment der Luxuswagen zu einer größeren Akzeptanz für Elektroantriebe beitragen. Die Aktie bleibt weiterhin aussichtsreich, wobei die Luft langsam immer dünner wird. Bis zum Allzeithoch fehlen nur noch rund 15 Euro! Halten!