Die Coronavirus-Krise hat tiefe Spuren in der Bilanz von Daimler hinterlassen. Die Strategie von Vorstandschef Ola Källenius steht auf dem Prüfstand. Wird die Aktie ihren Erholungskurs fortsetzen?
"Die kommenden Monate dürften kompliziert bleiben"
Die Coronavirus-Krise hat bei Daimler für einen Gewinneinbruch gesorgt. Der Auto- und Lastwagenbauer ist nur knapp an einem Verlust vorbeigeschrammt. Im ersten Quartal knickte der auf die Aktionäre entfallende Gewinn auf nur noch 94 Millionen Euro ab, wie der Konzern am Mittwoch in Stuttgart mitteilte. Vor einem Jahr waren es noch rund 2,1 Milliarden Euro gewesen. Der Umsatz ging im Vergleich dazu nur leicht um sechs Prozent auf 37,2 Milliarden Euro zurück. Vorstand Ola Källenius warnte: "Die kommenden Monate dürften kompliziert bleiben. Der Druck auf dem Geschäft bleibt in Q2 bedeutend", so der CEO.
Daimler hatte im ersten Quartal nur 644 300 Autos und Nutzfahrzeuge verkaufen können. Das waren 17 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Erste vorläufige Zahlen hatte der Konzern bereits vergangene Woche veröffentlicht und dabei auch schon angekündigt, dass man wegen der Coronavirus-Pandemie sowohl bei Absatz und Umsatz als auch beim Gewinn 2020 unter dem Vorjahreswert liegen werde.
"Gleichzeitig investieren wir weiterhin in Elektrifizierung und Digitalisierung. Diese Schlüsseltechnologien für die Zukunft stehen nicht zur Disposition."
Die Frage ist nun, wie es mit dem Spar- und Effizienzprogramm von Vorstand Källenius weiter gehen wird, das der Schwede im vergangenen Herbst auf den Weg gebracht hatte und das eigentlich gerade jetzt richtig Fahrt hätte aufnehmen sollen. Kosten runter, Stellen streichen, die Modellpalette straffen, Investitionen kappen: Damit wollte Daimler nach dem schwachen Jahr 2019 die Trendwende schaffen und wieder deutlich profitabler werden - während die strengeren EU-Klimavorgaben zusätzlich Druck erzeugen, möglichst schnell viele Elektrofahrzeuge in den Markt zu bekommen.
„Wir haben mit dem schrittweisen Hochfahren unserer Produktion begonnen. Gleichzeitig investieren wir weiterhin in Elektrifizierung und Digitalisierung. Diese Schlüsseltechnologien für die Zukunft stehen nicht zur Disposition", sagte Daimler-Vorstand Ola Källenius im Rahmen der Vorlage der Q1-Zahlen.
Keine Prognose für 2020
Eine Prognose für 2020 sei angesichts der immer noch kaum überschaubaren Folgen der Coronavirus-Pandemie schwierig, hatte Daimler mitgeteilt. Die Auswirkungen auf Kundennachfrage, Lieferketten und Fahrzeugproduktion könnten nicht detailliert und auf sicherer Basis geschätzt werden. Absatz, Umsatz und Ergebnis dürften am Ende aber unter dem Niveau des Vorjahres liegen.
"Daimler hat unter anderem einen sehr hohen Anteil an Nutzfahrzeugen. Außerdem ist Daimler im Vergleich zu VW und BMW stärker von Nordamerika abhängig."
"Daimler hat im Vergleich ein schlechteres Kostenmanagement"
Vor wenigen Tagen hat Analyst Harald Hendrikse von der US-Investmentbank Morgan Stanley sein Kursziel von 48 Euro für die Daimler-Aktie bestätigt. Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler dagegen sieht Daimler im Vergleich zu VW und BMW im Hintertreffen.
"Daimler hat unter anderem einen sehr hohen Anteil an Nutzfahrzeugen. Außerdem ist Daimler im Vergleich zu VW und BMW stärker von Nordamerika abhängig. Den Auto-Markt in Nordamerika sehe ich in den nächsten Monaten eher skeptisch. Außerdem hat Daimler im Vergleich ein schlechteres Kostenmanagement", sagt Pieper gegenüber dem AKTIONÄR.
Der Gewinn je Aktie lag unter, der Umsatz über den Erwartungen der Analysten. Dennoch: Daimler sollte die aktuelle Krise meistern. Gut möglich, dass die Bundesregierung in der zweiten Jahreshälfte mit einem Konjunkturprogramm besonders den Automobil-Herstellern unter die Armen greifen wird. So wäre vielleicht sogar der Umbruch weg von der Cash-Cow der vergangenen Jahre, dem Verbrennungsmotor, hin zur Elektromobilität für BMW, Daimler und VW einfacher zu meistern.
Die Daimler-Aktie hat in den letzten Tagen ihren Erholungskurs weiter fortgesetzt und die psychologisch wichtige Marke von 30,00 Euro genommen. DIe nächste Hürde stellt der horizontale Widerstand bei 32,50 Euro dar.
(Mit Material von dpa-AFX).
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