Die energie-intensiven Chemieproduzenten Covestro, Evonik und BASF haben weiterhin mit anhaltend hohen Energiekosten zu kämpfen. Und nun ist der Preis für europäisches Erdgas am Donnerstag erneut gestiegen und hat damit an den Preissprung vom Vortag angeknüpft. Marktbeobachter erklärten den Schub mit Angebotssorgen.
Am Morgen wurde der richtungweisende Terminkontrakt TTF zur Auslieferung in einem Monat an der Börse in Amsterdam zu 42,45 Euro je Megawattstunde (MWh) gehandelt. Das sind drei Prozent mehr als am Vortag. Seit Beginn der Woche hat sich europäisches Erdgas rund 40 Prozent verteuert. Der aktuelle Preissprung hatte zur Wochenmitte eingesetzt und trieb die Notierung am Mittwoch zeitweise bis auf 43,49 Euro und damit auf den höchsten Stand seit April.
Als Ursache für den Preissprung gelten unter anderem Streiks von Arbeitern in einigen Flüssiggasanlagen in Australien. Nach Einschätzung von Experten der Dekabank könnten hiervon bis zu zehn Prozent der globalen Flüssiggasproduktion (LNG) betroffen sein. Die Dekabank verwies aber auch auf Meldungen, wonach sich asiatische Käufer derzeit für den kommenden Winter am Markt eindecken und dabei die europäischen Käufer überbieten.
Trotz des aktuell kräftigen Anstiegs befindet sich der europäische Gaspreis grundsätzlich seit Ende des vergangenen Jahres in einem Abwärtstrend. Allerdings kam es in den vergangenen Monaten mehrfach zu deutlichen Preissprüngen, wobei das erhöhte Preisniveau meist nur von kurzer Dauer war.
Mittlerweile liegt der Preis für europäisches Erdgas deutlich unter dem Niveau, das er kurz vor Beginn des Krieges in der Ukraine im Februar 2022 hatte. In der Spitze wurde im vergangenen Sommer ein Rekordpreis von mehr als 300 Euro je MWh gezahlt. Allerdings hatte Erdgas vor dem Jahr 2021 durchgehend weniger als 20 Euro je MWh gekostet.
Unterdessen werden die Gasspeicher in Deutschland weiter gefüllt. Laut jüngsten Daten des europäischen Speicherverbandes GIE betrug der Füllstand in allen deutschen Speichern am 8. August 89,91 Prozent. Die Gasreserven werden seit Monaten nahezu ununterbrochen aufgefüllt und liegen deutlich über dem Vergleichswert des Vorjahres. Gründe für den höheren Stand sind unter anderem Importe von Flüssiggas.
Zudem verfügt Deutschland über neue LNG-Terminals und könnte damit flexibel reagieren, sollte es im Verlauf eines womöglich kälteren Winters zu deutlich sinkenden Gasreserven kommen. Um eine ausreichende Gasversorgung der deutschen Chemieriesen muss man sich mittlerweile also keine größeren Sorgen machen.
Die hohen Energiepreise bleiben eine Belastung für die Chemiekonzerne. Zudem drückt die maue Konjunkturentwicklung auf die Stimmung. Da dies aber angesichts der im historischen Vergleich relativ günstigen Bewertung bereits mehr als eingepreist sein sollte, bleibt es dabei: Wer über einen langen Atem verfügt, kann sich daher weiterhin bei Covestro (Stopp: 36,00 Euro), BASF (Stoppkurs: 37,00 Euro) und/oder Evonik (Stopp 15,00 Euro) positionieren.
Mit Material von dpa-AFX
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