Steht Europas Bankenbranche vor einer neuen Fusionswelle? Über diese Frage sind sich führende Banker uneins. Wenn es so kommt, dürften auch die großen deutschen Banken eine wichtige Rolle spielen.
Die US-Investmentbank Goldman Sachs erwartet, dass es in den kommenden Jahren zu grenzüberschreitenden Zusammenschlüssen von Kreditinstituten kommt. "Mit der Schaffung eines europäischen Bankenmarktes steigen die Chancen für Zusammenschlüsse", sagte der Co-Chef der Bank in Deutschland, Wolfgang Fink, am Donnerstag bei einer Konferenz in Frankfurt.
Skeptisch ist dagegen die französische Großbank Societe Generale. Zumindest in den nächsten fünf Jahren werde es keine Übernahmewelle unter europäischen Kreditinstituten geben, sagte Vorstandschef Frédéric Oudéa. "Konsolidierung steht derzeit nicht auf der Agenda von Bankchefs." Er verwies darauf, dass die neuen Regeln große und komplexe Banken besonders belasteten. Es gebe eher einen Trend, sich auf einzelne Bereiche zu konzentrieren und die Geschäfte zu vereinfachen. Hauptaufgabe sei es derzeit, die Kosten zu senken.
Langfristig sieht Oudéa aber die Digitalisierung als möglichen Treiber für Zusammenschlüsse. Wenn sich zeige, das einige Institute nicht mehr mithalten könnten, dürfte es zu Bewegung kommen. "Das wird aber viel Zeit dauern."
Goldman Sachs glaubt dagegen nicht, dass die Banken so viel Zeit von ihren Investoren bekommen. Internationale Aktionäre dürften künftig den Druck auf die Institute erhöhen, ihre Profitabilität auch mit Übernahmen zu stärken, sagte Deutschland-Chef Fink. "Wo soll sonst Wachstum herkommen?" Er verwies auf die gerade in Deutschland niedrigen Renditen der Banken und den hohen Wettbewerb.
Auch um international mithalten zu können, brauche Europa schlagkräftige Banken, wie sie auch in den USA und Asien geformt würden. Dabei dürfe aber keine Bank mehr so groß werden, dass sie eine Gefahr für ihr Land werden könne. "Ich denke, dass wir eine andere Art von Konsolidierung erleben werden als vor der Krise", sagte Fink. Die Banken würden künftig nicht mehr einfach ein Institut in einem anderen Land kaufen, sondern viel genauer schauen, wie es zur eigenen Strategie passt.
In Deutschland wird immer wieder spekuliert, dass die Commerzbank nach einer erfolgreichen Umstrukturierung Ziel einer Übernahme sein könnte. Goldman-Sachs-Manager Fink wollte aber nicht ausschließen, dass die Commerzbank selbst stärker spezielle Zukäufe tätigen könnte. Bester Schutz gegen unerwünschte Übernahmen sei jedenfalls ein hoher Aktienkurs. Das gelte auch für die Postbank, die die Deutsche Bank als bisherige Muttergesellschaft im nächsten Jahr an die Börse bringen will.
Noch nicht einsteigen
Sowohl Deutsche Bank und Commerzbank fielen vor Kurzem unter den Stopp des AKTIONÄR. Verstärkte M&A-Aktivitäten sollten den Aktienkursen der beiden großen deutschen Player Auftrieb geben. Allerdings sollten die Anleger mit einem Einstieg noch warten, bis sich die immer noch große Nervosität am Markt gelegt hat. Das dürfte sehr wahrscheinlich dann der Fall sein, wenn die Fed klar macht, wohin die Reise bei den Leitzinsen gehen wird.
(Mit Material von dpa-AFX)
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